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Ende der politischen Eiszeit zwischen Chavez und Uribe

Von WZ-Korrespondentin Susann Kreutzmann

Politik

Hohe Erwartungen an Treffen der beiden Präsidenten. | Dritte Amtszeit für Álvaro Uribe? | Sao Paulo. Auch wenn sich Venezuelas linkspopulistischer Präsident Hugo Chavez in den vergangenen Tagen in verbaler Zurückhaltung geübt hat, wird das Treffen mit seinem kolumbianischen Amtskollegen Álvaro Uribe wohl nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein. Am Freitag kommen die beiden politischen Rivalen in Caracas zusammen - eine Begegnung, die mit Spannung erwartet wird.


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Rhetorischer Schwenk von Hugo Chavez

Nach der geglückten Befreiung der ehemaligen kolumbianischen Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt hat der wortgewaltige Chavez einen rhetorischen Schwenk vollzogen. Wie einen Bruder, wie einen Freund werde er Uribe empfangen, verkündete er. Und auch Uribe, der auf einer Erfolgswelle schwebt, gab sich versöhnlich. Mit großen Enthusiasmus werde er nach Caracas fliegen, sagte der konservative kolumbianische Präsident.

Das Treffen der beiden so unterschiedlichen Staatsoberhäupter ist mehr als eine Routinebegegnung. Nach der Aufsehen erregenden Befreiung von Ingrid Betancourt und weiteren 14 Geiseln aus den Händen der Farc haben sich die politischen Konstellationen verschoben. Uribe, als Hardliner von seinen linksliberalen Nachbarn isoliert, ist zum populärsten Präsidenten der Region aufgestiegen. 77 Prozent Zustimmung sicherte ihm eine neueste Umfrage im Auftrag des kolumbianischen Politikmagazins "Semana", wenn er für eine dritte Amtszeit antritt. Und Chavez, der innenpolitisch in Bedrängnis ist, hat wieder einmal seinen politischen Instinkt bewiesen. Die Farc hat ihren bewaffneten Kampf verloren und stellt keinen Verbündeten mehr da. So sagte auch er sich von der Guerilla los. "Die Zeit der Gewehre ist vorbei", rief er den Rebellen zu und verlangte die Freilassung der noch rund 750 Geiseln.

Der selbsternannte Führer der bolivarischen Revolution hatte sich stets öffentlichkeitswirksam als Vermittler in den Friedensverhandlungen angeboten und mit seinen guten Kontakten zur Farc-Führung geworben. Im November vergangenen Jahres entzog Uribe ihm jedoch das Verhandlungsmandat. Eine politische Eiszeit zwischen beiden Ländern brach an. "Ich erkläre der Welt, dass ich die Beziehungen zu Kolumbien in eine Tiefkühltruhe lege", wetterte Chavez damals erbost. Die kolumbianische Regierung habe ihm brutal ins Gesicht gespuckt. Die Verärgerung von Chavez mündete in der Aussage, Uribe sei eine "Marionette des Imperialismus", ein "Mafiaboss".

Uribe seinerseits warf Venezuela vor, den Terrorismus zu legitimieren. Tatsächlich bot Venezuela den Rebellen auf seinem Gebiet Rückzugsräume an und unterstütze sie mit Geld und technischem Know-how.

Die Wortgefechte sollen jetzt der Vergangenheit angehören. Beide Politiker appellierten an die Farc, in wirkliche Friedensverhandlungen einzutreten.

Noch ist auch nicht klar, ob Uribe mit Blick auf seine Popularität der Versuchung einer dritten Amtszeit widerstehen kann. Derzeit wird im Parlament gerade über die Möglichkeit seiner Wiederwahl beraten. Dann könnte es auch zu einer Neuauflage des Duells von 2002 zwischen Uribe und Betancourt kommen.

Spekulationen um Rolle für Ingrid Betancourt

Schon jetzt wird spekuliert, welche politische Rolle Betancourt, die damals als Präsidentschaftskandidatin für die Grüne Partei antrat, in Kolumbien übernehmen wird. "Ich werde immer links sein", verkündete sie und stellte sich damit eindeutig auf die Seite der Opposition. Sie forderte Uribe auf, die Sprache des Hasses zu verlassen. Allerdings wird nicht erwartet, dass Ingrid Betancourt in Kürze aus Frankreich nach Kolumbien zurückkehren wird. Sie selbst sagte, sie habe Angst und werde deshalb nicht an einer Demonstration für die Freilassung aller FARC-Geiseln am 20. Juli in Bogotá teilnehmen.