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Wehleidige Prinzen und Prinzessinnen vs. rücksichtlose Paparazzi: Das Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs (EGMR) in Straßburg vom 24. Juni dieses Jahres sorgte für beträchtliches Aufsehen. Erstmals hatte ein Gericht dem Schutz der Privatsphäre mehr Bedeutung beigemessen als dem Recht auf Meinungsäußerung. Donnerstagabend diskutierten hochkarätige Juristen die Auswirkungen des Urteils.
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Caroline beim Einkaufen, Caroline beim Pferderennen, Caroline im Badeanzug - ganz und gar "weltbewegende Fotos" seien Ausgangspunkt für den Rechtsstreit gewesen, eröffnete Univ.-Prof. Michael Holoubek nicht ganz ohne Sarkasmus sein Referat bei der Herbsttagung der Österreichischen Juristenkommission.
Worum geht es? Die Prinzessin von Monaco hatte sich durch die Veröffentlichung der Bilder in deutschen Illustrierten in ihrer Privatsphäre verletzt gefühlt und die betreffenden Medien in Deutschland geklagt. Das deutsche Bundesverfassungsgericht kam zum Ergebnis, eine Verletzung der Privatsphäre sei nicht vorgelegen, da die Fotos an öffentlichen Plätzen gemacht und die Prinzessin und ihr Gatte Ernst-August öffentliche Personen seien, die sich eine größere mediale Aufmerksamkeit gefallen lassen müssten. Mit der Entscheidung des deutschen Höchstgerichts gab sich die Prinzessin jedoch nicht zufrieden und beschritt den Weg zum EGMR. Erfolgreich. Denn die Straßburger Richter beurteilten die Sache mit Blick auf die "Dauerbelästigung durch das Paparazzi-Unwesen" anders. Für sie war entscheidend, dass in diesem Fall die Medien nicht in ihrer Funktion als "public watchdog" aufgetreten wären, dass die publizierten Fotos in keiner Weise mit politischen Inhalten, sondern lediglich mit Privatem zu tun gehabt hätten. Im übrigen bewerteten sie Caroline nicht als öffentliche, sondern als Privatperson.
Grundrechtsspezialist Holoubek sieht in der Diskussion auf beiden Seiten "Scheinheiligkeiten": "Natürlich geht es der Yellow Press weniger um die Medienfreiheit als um kommerzielle Interessen". Auch bei der Prinzessin ortet er Scheinheiligkeit: "Die Familie Grimaldi nützt die Öffentlichkeit ganz geschickt für kommerzielle Zwecke - da geht es in Wirklichkeit um den Schutz von Exklusivrechten." Am Urteil stört Holoubek die unterschwellige negative Haltung zur Pressefreiheit. Holoubek: "Einer Demontage des Kernstücks unserer Demokratie, müssen wir jedenfalls Einhalt gebieten".
Frederick Lendl, Richter am Wiener Oberlandesgericht, wies in seinem Statement u.a. darauf hin, dass sich in Österreich die Maßstäbe für den Ehrenschutz gelockert hätten. Ernst Swoboda von der Mediaprint regte an, direkt gegen Paparazzi vorzugehen: "Wir sollten das nicht mit der Frage verknüpfen, ob die Veröffentlichung solcher Bilder zulässig ist oder nicht." Für Österreich sieht er durch diverse Bestimmungen Beschränkungen der Medienfreiheit, "wie sie nur in Österreich denkbar sind".