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Ende des JGH: Graue Zukunft im Grauen Haus?

Von Matthias G. Bernold

Wirtschaft

Im Parlament formierten sich gestern noch einmal die Gegner der - kommende Woche bevorstehenden - Auflösung des Wiener Jugendgerichtshofes (JGH). In die Proteste bei der SPÖ-Enquete "Moderne Jugendgerichtsbarkeit für Österreich" unter dem Vorsitz von SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim mischte sich allerdings Resignation.


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Besonders die Haftbedingungen für Wiener Jugendliche am neuen Standort, in der Justizanstalt Josefstadt, wurden kritisiert. Justizminister Dieter Böhmdorfer habe die Wahrheit darüber "gelinde gesagt schön geredet", kritisierte der Kinder- und Jugendpsychiater Max Friedrich.

Er wies darauf hin, dass sich der JGH um weit mehr als nur Jugendgerichtsbarkeit gekümmert habe. Er habe, die Jugendgerichtshilfe im Rücken, sich auch um die Familien und ihre Probleme gekümmert, aus denen die jugendlichen Straftäter stammen. Alle Klischees, die man so gerne verdrängen würde, hätten sich bei einer Untersuchung in der Justizanstalt für männliche, jugendliche Straftäter in Gerasdorf bestätigt: Jeder einzelne jugendliche Häftling komme aus einer Familie, bei der mindestens 20 Polizeiinterventionen dokumentiert seien.

Jugendrichterin Beate Matschnig erneuerte noch einmal ihre Kritik an mangelnden Sport-Möglichkeiten. Zugleich appellierte sie, den - von den Jugendrichtern vorgelebten - Weg der Resozialisierung fortzusetzen. Sozialarbeiterin Monika Pirterits erinnerte an die künftige Belastung der Bezirksgerichte, die nach Einstellung des JGH die Pflegschaftssachen übernehmen werden: "Längere Verfahren, gestresste Eltern und Kinder", würden die Folge sein. Über jugendliche Häftlinge: "Im Grauen Haus droht ihnen eine graue Zukunft".

19 Jugendliche, die sowohl die Bedingungen der JA Erdberg beim JGH als auch jene in Josefstadt kennen, wurden von Christian Grafl und Judith Stummer vom Wiener Universitätsinstitut für Strafrecht und Kriminologie zu den Haftbedingungen befragt. Das Ergebnis: Die Haftbedingungen in Erdberg seien mit einer Durchschnittsnote von 1,8 und jene in Josefstadt mit einer von 2,5 bewertet worden. Besonders bei Anstaltsklima, Besuchsrechten, Spaziergängen, Vorbereitung auf die Enthaftung habe Erdberg besser abgeschnitten.