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"Ein Stadtrat ohne Portefeuille ist ein Wiener Unikum. Daher sollte man das entweder aufwerten oder - auch aus Spargründen - abschaffen." Also sprach der Wiener ÖVP-Politiker Norbert Walter vor mehr als vier Jahren im Interview mit der "Wiener Zeitung" - just zum Zeitpunkt seiner Bestellung zum nicht-amtsführenden Stadtrat. Walter ist mittlerweile einfacher Gemeinderat, die Diskussion über die Abschaffung der Stadträte ohne Portefeuille lebt aber nach einem Vorstoß von SPÖ-Klubchef Rudolf Schicker neu auf.
Und sie erinnert ein bisschen an jene über den Bundesrat - mit der sogar wortidenten Diktion ("abschaffen oder aufwerten"). Selbst ohne hellseherische Fähigkeiten ist absehbar, dass auch diese Sommerdebatte dasselbe Schicksal wie jene über den Bundesrat ereilen wird: Am Ende bleibt alles beim Alten, zumal die Vorschläge an der politischen Realität scheitern werden. Immerhin müsste für eine Abschaffung der nicht-amtsführenden Stadträte die hohe Hürde einer Verfassungsänderung im Bund genommen werden - dafür ist bekanntermaßen eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat nötig. Denn in jedem österreichischen Gemeindevorstand (Wien ist Gemeinde) müssen die Vertreter der Parteien gemäß ihrer Größe vertreten sein.
Zunächst müsste also im Rathaus ein breiter Konsens - der die ÖVP miteinschließt - erzielt werden, damit dann im Bund Rot, Schwarz und Grün die Verfassung entsprechend ändern. Die ohnedies mit dem Rücken zur Wand stehende Wiener ÖVP-Obfrau Christine Marek ließ aber schon am Mittwoch keinen Zweifel, dass sie eine einseitige Abschaffung der Stadträte der Opposition ablehnt.
Dabei hat die Diskussion - wie in den Jahren zuvor - sehr wohl ihre Berechtigung: Auf den ersten Blick scheint es nämlich wenig sinnvoll, dass etwa die FPÖ drei Vertreter in der Stadtregierung stellt, ohne dass diese konkrete Aufgaben haben; und dafür mit 8160 Euro um fast 2000 Euro mehr verdienen als einfache Mandatare. Ihre einzige Funktion ist es, die amtsführende Stadtregierung zu kontrollieren, weshalb sie etwa Rechnungshof-Rohberichte vorab einsehen und im Stadtsenat lästige Fragen stellen dürfen. Die Stärke der FPÖ basiert freilich auf dem Willen der Wiener Wähler - sprich: den Zuwächsen bei der jüngsten Gemeinderatswahl. Eine Verringerung hier würde also nicht unbedingt die demokratische Entscheidung widerspiegeln. Den Blauen echte Stadtratposten zu geben wie in anderen Bundesländern, scheint aber auch nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein - immerhin soll ja der Proporz in der Steiermark abgeschafft werden, auch Niederösterreich überlegt das derzeit.
In Wien müsste also wohl ein völlig neues System inklusive großer Verwaltungsreform etabliert werden - aber das ist eine andere Diskussion.