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Ende des Steuer-Waffenstillstands

Von WZ-Korrespondent Steffen Klatt

Wirtschaft

Wien verweist auf EU-Zinssteuer. | Liechtenstein ermittelt gegen BND. | Berlin/Wien. Bisher hat es in Europa eine Art Waffenstillstand gegolten: Die Länder mit Bankgeheimnis liefern die Quellensteuer ab. Dafür akzeptieren Berlin, Paris und London das Bankgeheimnis. Deutschland scheint diese Einigung nun kündigen zu wollen - und Wien ist nicht amüsiert.


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"Wir wissen nicht ganz, wie wir zur Bezeichnung Steueroase´ kommen", sagt Harald Waiglein, Sprecher des österreichischen Finanzministeriums. Österreich sehe sich nicht als Steueroase - ein Titel, den der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück in einem Interview mit der "Bild am Sonntag" sowohl Österreich als auch der Schweiz und Luxemburg verliehen hatte. Steinbrück hatte den Nachbarländern im Interview vorgeworfen, deutsche Steuerhinterzieher mit offenen Armen zu empfangen und ihnen ganz kriegerisch den Kampf angesagt.

Sowohl in Wien wie auch in Bern und Luxemburg wird darauf verwiesen, dass Deutschland Jahr für Jahr Millionen Euro aus der EU-Zinssteuer erhalte. Erstmals überhaupt erhöben dabei souveräne Staaten Steuern für andere Länder. Deutschland erhielt 2007 allein aus der Schweiz rund 60 Millionen Euro. Österreich überwies 2007 den andern EU-Ländern immerhin 44 Millionen Euro, davon allein Deutschland 33 Millionen.

Doch Berlin ist unzufrieden mit dieser EU-Zinsbesteuerung. Denn diese erfasst nur natürliche Personen - also keine Unternehmen oder Stiftungen - und wird nur auf Zinsen, nicht auf Dividenden erhoben. Wer sie umgehen will, kann dies verhältnismäßig leicht tun. Nur: Diese Zinssteuer wurde nicht von der Schweiz, Österreich oder Luxemburg erfunden, sondern stützt sich auf eine EU-Richtlinie.

Während Jahren hatte die EU-Kommission zusammen mit dem damaligen britischen Finanzminister Gordon Brown - heute Premierminister - und dessen Berliner Kollegen Hans Eichel versucht, das Bankgeheimnis europaweit zu knacken. Banken sollten automatisch Informationen über Zinszahlungen an EU-Bürger an deren Steuerämter weiterreichen. Die EU-Länder mit Bankgeheimnis, Luxemburg, Österreich und Belgien, waren dazu nur bereit, wenn auch die Schweiz, Liechtenstein und andere Kleinstaaten mit im Boot wären. Doch diese lehnten ab. Im Ergebnis führte die Mehrheit der EU-Länder den automatischen Informationsaustausch ein. Die Länder mit Bankgeheimnis innerhalb und außerhalb der EU dagegen führten die Zinssteuer ein.

Es ist wohl kein Zufall, dass Steinbrück ausgerechnet jetzt mit dem Säbel rasselt. Nächste Woche beschäftigen sich die EU-Finanzminister mit der Revision der Zinsbesteuerung. Der deutsche Finanzminister, der aus der Affäre um den Ex-Postchef Klaus Zumwinkel rasch eine Liechtenstein-Affäre gemacht hat, könnte nun Druck aufbauen, um die EU-Zinssteuer noch einträglicher für seine Kasse zu machen.

Auch Briten kauften Bankdaten der LGT

Wie der deutsche hat auch der britische Fiskus Daten über mutmaßliche Steuerhinterzieher in Liechtenstein gekauft. "Es hat Zahlungen gegeben", bestätigte eine Sprecherin der Steuer- und Zollbehörde HMRC am Montag. Britischen Medien zufolge sollen für Angaben über rund 100 reiche Briten 100.000 Pfund (133.000 Euro) geflossen sein. Die Behörde hoffe nun auf Steuernachzahlungen von bis zu 100 Mio. Pfund.

Die Justiz des Fürstentums Liechtenstein nahm mittlerweile förmliche Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Kontaktmann des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) auf, der für die Daten netto 4,2 Millionen Euro gezahlt hatte. Der Informant selbst soll laut Medienberichten - die der BND allerdings dementierte - ein vorbestrafter Ex-Mitarbeiter der Liechtensteiner Bank LGT namens Heinrich K. sein. Gegen ihn werde nun ebenfalls ermittelt, hieß es in Vaduz. Für die Verletzung des Geschäftsgeheimnisses und die Auskundschaftung von Betriebgeheimnissen zugunsten des Auslands drohen in Liechtenstein bis zu fünf Jahre Gefängnis.

In Deutschland ermitteln unterdessen die Behörden bereits gegen mehrere hundert Personen wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung über Privatstiftungen. Bis zum Wochenende gab es mehr als hundert Hausdurchsuchungen, so die "Süddeutsche".

Unter dem Eindruck der deutschen Ermittlungen rief auch die niederländische Regierung in Den Haag Steuersünder dazu auf, sich den Behörden zu stellen. Andernfalls drohten heftige Strafen, sagte Finanzstaatssekretär Jan Kees de Jager. Die deutschen Steuerbehörden forderte er zum Informationsaustausch auf, sollten von den Ermittlungen in Deutschland auch niederländische Staatsbürger betroffen sein.