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Der 5. Juli 1841 ist in die Annalen der Geschichte des Tourismus eingegangen. Für diesen Tag organisierte der Wanderprediger und entschiedene Alkoholgegner Thomas Cook eine sehr günstige Eisenbahnreise von 570 Mitgliedern der Abstinenzbewegung von Leicester ins nahegelegene Loughborough.
Im Preis von 1Shilling (heute rund 3,40 Euro) waren neben der Hin- und Rückfahrt ein Schinkenbrot und eine Tasse Tee enthalten. Dieser Ausflug mit der Bahn gilt als die erste Pauschalreise der Geschichte, Cook bot später regelmäßig derartige Pauschalreisen an: Zuerst ging es nach Liverpool, dann nach Schottland, zur Weltausstellung nach London, und 1855 fand die erste Reise auf das europäische Festland - nach Paris - statt. 1866 wurden die USA bereist, 1872 organisierte Thomas Cook die erste 222-tägige Weltreise.
Dieses britische Traditionsunternehmen ist nun nach 178 Jahren Pleite. Warum? Thomas Cook ist das jüngste Opfer der vom österreichischen Ökonomen Joseph Schumpeter (1883 bis 1950) beschworenen "kreativen Zerstörung" durch den technologischen Wandel im Geschäftsleben. Es ist nämlich nicht so, dass die Briten (der wichtigste Markt für Thomas Cook war Großbritannien) weniger verreisen als früher - 2018 gingen 60 Prozent der Briten im Ausland auf Urlaub - verglichen mit 57 Prozent im Jahr 2017. Aber Thomas Cook war im Brot- und Butter-Reisegeschäft tätig, also vor allem in der Vermittlung von Pauschalreisen, Flügen, Hotelzimmern, Mietwägen oder Schiffskabinen. In diesem Reisesegment sind die Margen niedrig und die Konkurrenz groß. Nichts ist einfacher, als solche Reisen direkt und günstig per Internet zu buchen. Brexit-Ängste und veränderte Reisegewohnheiten - eine verstärkte Nachfrage von Städtereisen samt Nutzung von AirBnB statt Billigpauschalreisen an den Strand - haben Thomas Cook weiter zugesetzt.
Die Lehre aus der Pleite des traditionsreichen Reiseanbieters: Unternehmen in all jenen Branchen, die im harten Wettbewerb gegenüber Online-Anbietern stehen, müssen auf engen Kundenkontakt und herausragende Expertise und Beratung setzen. Im Musikgeschäft und im Buchhandel ist der digitale Wandel bereits so gut wie abgeschlossen: Während die großen Schallplatten- und CD-Ketten längst Geschichte sind, haben nur einige wenige unabhängige, von Musikspezialisten geführte Läden dank kenntnisreichen Personals und loyaler Kundschaft überlebt.
Das Gleiche gilt für den Buchhandel: Auch dort florieren Läden mit interessanten Shopkonzepten, exzellenten Verkäuferinnen und Verkäufern und somit begeisterten Kunden.
Wer bestenfalls Durchschnitt ist, wird vom E-Commerce-Mitbewerb vom Markt gefegt.