Zum Hauptinhalt springen

Ende einer unendlichen Geschichte naht

Von Brigitte Pechar und Walter Hämmerle

Politik

Möglicherweise stehen die jahrelangen Verhandlungen über die NS-Entschädigungen vor einem baldigen und vor allem gütlichen Ende: Aus den USA kam am Donnerstag die Nachricht, dass eine der beiden noch anhängigen Sammelklagen beendet ist. Im Streit um die Rückgabe von sechs Klimt-Bildern haben sich die Klägerin Maria Altman und die Republik darauf verständigt, den Fall an ein österreichisches Schiedsgericht zu übergeben. Und auch zwischen der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) und der Bundesregierung scheint eine gütliche Einigung endlich in greifbare Nähe gerückt zu sein.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"Es sind gute Gespräche" bestätigt Erika Jakubovits, Exekutivdirektorin des IKG-Präsidiums, gegenüber der "Wiener Zeitung" , den Fortschritt in den Verhandlungen mit der Regierung. Allerdings: Vor einer endgültigen Einigung wolle man über keine Details sprechen.

Unglücklich zeigt sich Jakubovits darüber, dass aufgrund von Medienberichten der Eindruck entstanden ist, es könnte zwischen der Annäherung im "Fall Altmann" und den Fortschritten in den Gesprächen zwischen IKG und Regierung einen Zusammenhang geben. "Den gibt es nicht", stellt sie klar. "Wir verhandeln schließlich nicht erst seit gestern oder vorgestern mit der Regierung."

Für die Kultusgemeinde steht viel auf dem Spiel: Sie muss enorme Summen für die Sicherheit und Aufrechterhaltung ihrer Einrichtungen aufbringen, die in keinster Weise im Verhältnis zu ihren Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen stehen.

Die IKG hat das Washingtoner Abkommen vom Jänner 2001 (siehe Artikel unten) bisher abgelehnt. Die Argumentation lautete, dass die IKG ihre Ansprüche auf Entschädigung für von den Nazis geraubtes Gemeindevermögen nicht aus diesem eigentlich den Opfern zustehenden Fonds befriedigen wolle. Vielmehr sei die Republik dafür mit verantwortlich, dass die nunmehr kleine Gemeinde ihre Einrichtungen aufrecht erhalten könne. Die IKG hat aber dennoch insgesamt 777 Anträge an den Entschädigungsfonds gestellt, um ihre Ansprüche zu wahren.

Nun, da die erste der beiden bisher in den USA noch anhängigen Sammelklagen beendet ist, rückt Rechtssicherheit näher. Es handelt sich dabei um die vom Anwalt Herbert L. Fenster in Los Angeles eingebrachte Klage. Anhängig ist nun nur noch das "Whiteman"-Verfahren in New York. Das lässt nun die 19.000 Antragsteller beim Entschädigungsfonds hoffen.

Da die Zahlungen aus dem Versöhnungsfonds für ehemalige Sklaven und Zwangsarbeiter beendet sind und etwa 96 Mio. Euro nicht ausgeschöpft wurden, werden von verschiedenen Seiten Überlegungen angestellt, ob nicht mit diesen Mitteln auch die Ansprüche der Kultusgemeinde befriedigt werden könnten.

Allerdings hat der Hauptausschuss des Nationalrates bereits über die Verwendung der restlichen 96 Mio. Euro verfügt. So kam man überein, den sechs Partnerorganisationen (Ukraine, Polen, Russland, Tschechien, Belarus, Ungarn) einen zusätzlichen Betrag von 30 Mio. Euro zu überweisen. Außerdem solle eine Stipendienstiftung mit 25 Mio. Euro dotiert werden. Geplant ist ferner, einen Zukunftsfonds einzurichten, und zwar in Form eines "verzehrenden Fonds" mit einem Höchstbetrag von 20 Mio. Euro. Blieben also noch 20 Mio. Euro. Und genau diese wünscht sich die IKG. Die Bundesländer haben der IKG bereits 2001 18,2 Mio. Euro zugesagt.