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Endlich richtige Skandale!

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Österreichs Korruptions-Staatsanwaltschaft hat alle Hände voll zu tun mit den publik gewordenen Skandalen. Aber was sind die schon gegen jene Absprachen, die sich im Milieu der internationalen Hochfinanz abspielen? Dort wird richtig zugelangt. Am Freitag wurde in den USA bekannt, dass Händler über eine Vereinigung (ISDA) die Preisbasis von spekulativen Zinsprodukten manipuliert haben - natürlich zu ihren Gunsten und zum Schaden der Kunden. In etwa 30.000 Milliarden Dollar ist dieser Markt schwer, da bleibt auch bei kleinsten Veränderungen ordentlich was hängen.

Der Skandal erinnert an die Libor-Manipulationen. Der Libor ist ein Londoner Zinssatz, der im internationalen Finanzgeschäft als Basis verrechnet wird (je besser die Bonität, desto geringer die Aufschläge). Diese Geschäfte umfassen ein Volumen von 300.000 Milliarden Dollar (ja, richtig: 300 Billionen). Allein die Schweizer Großbank UBS zahlte - mehr oder minder freiwillig - bisher Strafen in Höhe von 1,5 Milliarden.

Beim einzelnen Bürger mag sich da Wurschtigkeit breitmachen - von Libor oder ISDA haben die wenigsten bisher gehört. Folglich wissen sie auch nicht, dass internationale Großbanken genau die Bürger damit abkassieren. Zinssätze und spekulative Zins-Produkte spielen bei praktisch jedem Bankgeschäft eine Rolle. Der Vorteil des Anbieters (einer Bank) ist der Nachteil des Käufers (des Bankkunden). Wenn eine öffentliche Körperschaft über den Tisch gezogen wurde, zahlen wir es in Form der Steuern.

Viele Millionen Bankkunden haben durch diese beiden Skandale zu viel gezahlt, ein schöner Teil davon landete wohl als Millionen-Bonus am Konto der Investmentbanker.

Solche globalen Finanzskandale sind (mit wenigen Ausnahmen wie die USA) auch für nationale Aufsichtsbehörden kaum zu erkennen. Umso wichtiger wäre es, endlich eine Bankenunion zu haben - mit einer starken europäischen Aufsicht.

Die EU verhandelt gerade mit den involvierten Banken in der Libor-Sache wegen einer Sammel-Strafe. Es wäre der nächste Skandal, wenn sie nicht besonders drastisch ausfallen würde.

Denn der einzelne Bankkunde und auch die Mitarbeiter in den Bankfilialen haben von diesen Umtrieben nicht die geringste Ahnung. In diese Schattenwelt kann nur eine wirklich mächtige Behörde eindringen. Die Bankenunion wäre daher auch Konsumentenschutz im besten Sinn.