Höchste Zeit, dass die USA und China den Dialog intensivieren.
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Beide Supermächte reden wieder auf hoher Ebene miteinander. Endlich.
US-Außenminister Antony Blinken wird am Freitag nach Peking aufbrechen und holt damit eine bereits seit längerem geplante China-Reise nach, die er Anfang Februar wegen Spionagevorwürfen gegen China abgesagt hatte.
Damals gab es Zwist zwischen den USA und China um einen mutmaßlichen chinesischen Spionageballon, den die US-Luftwaffe publikumswirksam vor laufenden Kameras vor der US-Küste abgeschossen hatte. Der Vorwurf an China: Peking habe mit dem Ballon US-Militäreinrichtungen ausspähen wollen. China beharrte freilich darauf, dass es sich bei dem Flugkörper lediglich um einen zivilen Forschungsballon gehandelt habe, der vom Kurs abgekommen sei. Die USA hätten mit dem Abschuss völlig überreagiert, lautete der Vorwurf aus Peking.
Das zerschlagene Porzellan ließ sich auch bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar nicht kitten, als Blinken den chinesischen Chefdiplomaten Wang Yi traf.
Erst im Mai deuteten die ersten zarten Zeichen auf ein wenig Entspannung hin: Präsident Joe Bidens Nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan, traf in Wien Wang Yi, beide Seiten signalisierten Bereitschaft, wieder aufeinander zuzugehen - das Treffen war zugleich ein wichtiger Schritt zur Vorbereitung des nun endlich stattfindenden Besuchs von Blinken in Peking.
Es war höchst an der Zeit, dass die Vertreter beider Supermächte wieder zu hochrangigen Treffen zusammenkommen. Denn zuletzt häuften sich die Meldungen über Zwischenfälle zwischen Militärjets und Schiffen in der Nähe der Straße von Taiwan. Nicht auszudenken, was passiert, wenn bei so einem Zwischenfall beide Seiten aufeinander feuern.
Erst vor wenigen Tagen waren beim Shangri-La-Dialog in Singapur wieder scharfe Töne zu hören: Chinas Verteidigungsminister Li Shangfu warnte vor einer "Mentalität des Kalten Krieges" in der Pazifik-Region. "Einige Länder" würden einen intensivierten Rüstungswettlauf vorantreiben und sich "in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einmischen" - gemeint waren die USA. Li kritisierte auch die Bemühungen der USA, ein prowestliches Bündnis in der Pazifik-Region zu schmieden. Chinas Verteidigungsminister sprach aber gleichzeitig davon, dass eine Konfrontation zwischen China und den USA ein "unerträgliches Desaster für die Welt" darstellen würde. Freilich: Ein Treffen mit seinem US-Amtskollegen Lloyd Austin verweigerte Li.
Anthony Blinken und Wang Yi haben in Peking einiges an Arbeit vor sich: Vertrauensbildung nach langer Funkstille und den Versuch, eine neue Dialogbasis herzustellen.