US-Finanzminister Geithner fällt in Kürze der Schuldenplafond auf den Kopf.
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Washington. Seit Jahren wälzt die US-Politik das Problem der ausufernden Budgetdefizite und Staatsschulden unerledigt vor sich her. Und wird dabei in wenigen Wochen an den Start zurückverwiesen. Denn über dem Gezerre wegen der Fiskalklippe ging völlig unter, dass das Finanzministerium am Montag bestätigt hat, dass die Vereinigten Staaten mit Jahresende die gesetzlich fixierte Schuldenobergrenze ("debt ceiling") von 16,4 Billionen Dollar erreicht haben. Dieser Deckel muss nun angehoben werden.
Wofür es abermals einen gemeinsamen Beschluss von Demokraten und Republikanern braucht. Das nächste Horrorszenario lauert somit bereits hinter der Ecke. Zur Erinnerung: Das Drama rund um die Fiskalklippe war überhaupt nur deshalb entstanden, weil sich die Parteien im Sommer 2011 monatelang nicht über eine Anhebung dieses Verschuldungslimits einigen konnten und damit sogar eine zeitweilige Zahlungsunfähigkeit des US-Staates riskierten.
Die USA in der Staatspleite? An sich undenkbar, aber durchaus möglich, weil sich die Parteien auf keinen Kompromiss für die mittel- und langfristige Sanierung des Finanzhaushaltes einigen konnten. Zwar wurde - auch damals in letzter Sekunde - verhindert, dass die USA offene Forderungen nicht begleichen konnten.
Es war aber keine starke Einigung über die Konsolidierung zustande gekommen, sondern ein äußerst fragwürdiger Deal, der das Problem auf die lange Bank schob. Falls sich die Parteien nicht über den Sparkurs einigen könnten, sollten die nötigen Summen durch Automatismen - buchstäblich ohne Rücksicht auf Verluste - zustande kommen. Aber erst in eineinhalb Jahren, nach der Präsidentschaftswahl. Das war die Geburtsstunde der fiskalischen Klippe.
Der Schaden war auch ohne technische Staatspleite enorm. Nicht so sehr ökonomisch, denn absurderweise zählten US-Staatsanleihen und der Dollar kurzfristig sogar zu den Profiteuren der Unsicherheit.
Die Glaubwürdigkeit der Politik in Washington war aber erschüttert. Nicht zuletzt wegen der Politblockade entzog die Ratingagentur Standard & Poor’s den USA die Bestnote bei der Kreditwürdigkeit, das begehrte Triple-A.
Laut dem UBS-Investmentstrategen Mike Ryan erwarten die Ratingagenturen von den USA einen umfassenden und glaubwürdigen Defizitabbau um 2 bis 3 Billionen Dollar über zehn Jahre, damit sie von weiteren Abstufungen Abstand nehmen. "Das Problem ist größer geworden, und die Zeit wird knapp", schreibt Ryan im Jahresausblick für 2013. Dieser gewaltige Einsparungsdeal ist aber weit und breit nicht im Sicht.
US-Finanzminister Timothy Geithner kann die leeren Staatskassen mit Budgettricks nur vorübergehend kaschieren - indem die staatlichen Beiträge in die Pensionskassen für Staatsdiener unbezahlt bleiben. Spätestens im Februar 2013 wird somit die Kompromissbereitschaft der US-Parteien durch die Schuldengrenze auf eine harte Probe gestellt.