Zeitplan für Verfassung umstritten. | Österreich beharrt auf Fixierung der Aufnahmefähigkeit. | Brüssel. Es ist der Endspurt des österreichischen EU-Vorsitzes. Und eigentlich waren die Ziele des Gipfeltreffens klar, das Donnerstag begann. Ein möglicher Zeitplan für die Rettung der Verfassung sollte gefunden und die grundsätzliche Debatte über die Erweiterung auf Herbst verschoben werden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Gleich zu Beginn des Treffens stiegen die Österreicher mit Hochdruck in die Verfassungsdebatte ein. Die Eckdaten ihres Zeitplans waren schon bekannt. "Spätestens unter französischem Vorsitz in der zweiten Hälfte 2008 sollte die endgültige Entscheidung da sein", sagte Schüssel. Die Deutschen sollen dafür im Juni 2007 einen Schlachtplan präsentieren.
Schon dass eine Art Verfassungsvertrag dann 2009 in Kraft treten soll, war aber umstritten. Das Jahr würde sich zwar nach Meinung der meisten EU-Außenminister anbieten. Das EU-Parlament wird neu gewählt und die Amtszeit der Kommission unter Jose Manuel Barroso läuft aus. Nach dem Beitritt von Rumänien und Bulgarien müsste dann die Zahl der Kommissare reduziert werden. Nicht mehr jedes Land bekäme einen eigenen Kommissar. Wie das ohne Verfassung funktionieren soll, ist völlig ungeklärt. Künftige Erweiterungen wären auf Basis des derzeit gültigen Vertrags von Nizza gar nicht mehr möglich, bestätigten Barroso und Erweiterungskommissar Olli Rehn bereits mehrfach.
"Nicht in der Form"
Die Uneinigkeit zwischen den Mitgliedsstaaten über das weitere inhaltliche Vorgehen bedroht aber das Ziel 2009. Denn der Verfassungsvertrag werde niemals in seiner derzeitigen Form in Kraft treten, gestand Schüssel gegenüber der "Financial Times" ein. Für die Umformung hat er einige Ideen.
Das Vertragswerk könnte umbenannt, einige Elemente könnten herausgelöst und andere hinzugefügt werden. Sogar die Möglichkeit für die Mitgliedsstaaten den gesamten Vertrag oder Teile davon nicht anzuwenden (opt out) schließt er nicht aus. Den Franzosen, die seit langem einen Verfassungsvertrag light propagieren, komme eine "lebenswichtige Rolle" für die Lösung des Verfassungsproblems zu, meinte Schüssel. Paris unterstützt gemeinsam mit den Niederlanden und Deutschland auch Österreichs Pläne, die Aufnahmefähigkeit der EU als "Kriterium" für künftige Beitritte in den Ratsbeschlüssen festzuschreiben. "Die Aufnahmefähigkeit wird natürlich stärker als früher geprüft werden", sagte Schüssel.
"Die Geschwindigkeit der Erweiterung muss die Aufnahmefähigkeit der Union berücksichtigen", heißt es im Entwurf der Österreicher. Dagegen liefen allerdings nicht weniger als zwölf Länder Sturm. Großbritannien, Schweden und die meisten neuen EU-Staaten im Osten wollten keinesfalls ein neues Beitrittskriterium festgeschrieben haben, das gegenwärtige und künftige Kandidatenländer nicht einmal beeinflussen könnten.
Auf Herbst verschoben
Darüber hinaus solle die Erweiterungsdiskussion eigentlich nur auf Herbst verschoben werden. Auch dass dann der EU vorsitzende Finnland ließ bereits wissen, dass die Erweiterungsdebatte "nicht zu neuen Aufnahmebedingungen führen" dürfe. "Die Aufnahmekapazität wird Bestandteil der Ratsbeschlüsse bleiben", erklärte dagegen ein Vertreter des österreichischen EU-Vorsitzes.