Abgeordnete unter Zugzwang. | Meiste Amerikaner sind zufrieden. | Washington. (reuters) In diesem Monat geht es für die Reform des US-Gesundheitswesens um Alles oder Nichts. Denn während der Sommerpause im August sind die Abgeordneten des Kongresses in ihre Wahlbezirke zurückgekehrt. Dort haben Befürworter und Gegner nur darauf gewartet, ihre Volksvertreter in öffentlichen Debatten, in den Lokalmedien und mit Unsummen für Lobbyarbeit auf ihre Linie zu bringen. Die Politiker können es sich nicht erlauben, die Meinung der Basis zu ignorieren, denn im kommenden Jahr sind Kongresswahlen.
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Und nicht nur das Gesetz, sondern auch Präsident Barack Obama ist gefangen in dieser "do-or-die"-Situation ("Erfolg oder Tod"), wie die Amerikaner sie nennen: Obama hat die Reform zum zentralen Punkt seiner Innenpolitik erklärt. Scheitert sie, wird der Makel nicht von seiner Amtszeit zu tilgen sein.
Obama hat selbst dazu beigetragen, dass die Situation so kritisch geworden ist: Er hat nur die groben Ziele der Reform vorgegeben und die Einzelheiten dem Kongress überlassen. Dort tobte schon vor der Sitzungspause eine erbitterte Debatte. Dabei wird die erste allgemeine staatliche Krankenversicherung auf Bundesebene grob gesagt von den Demokraten befürwortet und den Republikanern abgelehnt.
Schweres Lobbying
So erzählen Obamas Demokraten dieser Tage immer wieder die Geschichten von Patienten, deren Versicherungen nicht zahlen und die von Arztkosten in den Ruin getrieben wurden; von Menschen, die lebensnotwendige Eingriffe verschieben müssen oder sich anstellen, um Gratis-Angebote von Stiftungen nutzen zu können. Die Republikaner warnen davor, private Versicherer vom Markt zu drängen und sagen, dass die Qualität der Versorgung leiden würde.
Zwar scheint klar, dass sich die Dinge ändern müssen. 46 Millionen Menschen in den USA haben keine Krankenversicherung. Die Kosten im Gesundheitswesen liegen bei 2,5 Billionen Dollar und damit pro Kopf höher als in jedem anderen Land. Die Versicherungen laufen teils über den Arbeitgeber, weswegen ein Job-Verlust verheerende Folgen für ganze Familien haben kann. Auch die Absicherung der Ärzte vor Schadenersatz-Klagen treibt die Kosten in die Höhe.
Allerdings zeigen Umfragen, dass die krankenversicherten US-Bürger mit dem System zufrieden sind. Diese 254 Millionen Amerikaner stoßen sich zwar an hohen Kosten, wollen jedoch nicht, dass eine "sozialisierte Medizin" die Qualität ihrer Versorgung schmälert.
Ob die von Obama versprochene Reform kommt und wenn ja in welcher Form, bleibt unklar. Sicher ist, dass die Debatte schriller werden dürfte: Inzwischen geben die Unternehmen im amerikanischen Gesundheitswesen für Lobbyarbeit im Schnitt eine Million Dollar pro Tag aus.