Ungeimpfte Inselbewohner in Italien sind vom Festland abgeschnitten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Fabio Messina war vergangene Woche auf Geschäftsreise in Ligurien. Der Sizilianer aus Palermo war mit dem Auto aufgebrochen. Bei der Rückfahrt am vergangenen Dienstag erlebte er in Kalabrien dann eine böse Überraschung. Die Kontrolleure der Autofähre zwischen Villa San Giovanni auf dem italienischen Festland und der Stadt Messina auf Sizilien ließen ihn nicht an Bord.
Der 43-Jährige hat keinen "Super Green Pass", der in Italien seit Montag aber nicht nur im Fernverkehr, sondern ebenfalls im öffentlichen Nahverkehr sowie auf Fähren Pflicht ist und den nur gegen das Coronavirus Geimpfte und Genesene (2G) bekommen. Messina, der eigentlich längst bei seiner Familie in Palermo sein wollte, ging in einen Laden und kaufte sich eine Luftmatratze. Die erste Nacht schlief er in seinem Auto. "Denn ich kann ja auch keine Übernachtung mehr reservieren", erzählt der Sizilianer. Seit Montag ist in Italien nämlich auch dafür der "Super Green Pass" notwendig.
Fabio Messina, Mitgründer der Antimafia-Vereinigung Addiopizzo in Palermo, ist kein grundsätzlicher Impfgegner. Sein zehnjähriger Sohn hat alle zehn für Schulkinder in Italien verpflichtenden Immunisierungen bekommen. "Aber diese Impfung halten ich und meine Frau für nicht notwendig. Uns geht es gut, wir sind keine Risikopatienten", erklärt Messina.
Während er die Regionsgrenzen im eigenen Fahrzeug auf dem Festland problemlos passieren konnte, blieb er nun am Kanal von Messina stecken. "Ich komme, wenn ich im eigenen Auto unterwegs bin, hier nur mit der Fähre zurück", sagt der Mann. "Wenn ich wollte, könnte ich umkehren und bis nach Oslo fahren", führt er aus.
Nach Sizilien hinüber aber lasse man ihn nicht. Es könne nicht sein, dass ihm die Rückkehr nach Hause verwehrt werde. Der Sizilianer beauftragte Anwälte, die eine Eilentscheidung bei Gericht beantragten.
Vaporetto nur mit Nachweis
Auch andere Inselbewohner in Italien stehen vor ähnlichen Problemen. Wer Sardinien mit dem Auto verlassen will, weil er sich etwa auf dem Festland im eigenen Fahrzeug fortbewegen will, kann das nur noch mit dem Impf- oder Genesenennachweis. Ebenfalls die ungeimpften Bewohner der Inseln um Venedig riskieren, ihre Eilande nicht mehr verlassen zu können. Die Vaporetto genannten Wasserbusse dürfen nur noch mit "Super Green Pass" bestiegen werden.
Eine Ausnahmegenehmigung für Fahrten aus gesundheitlichen oder Studien-Gründen auch mit negativem Testergebnis (3G) läuft am 10. Februar aus. Die Regierung, die am 7. Jänner eine allgemeine Impfpflicht für über 50-Jährige einführte, will auf diese Weise möglichst viele Italiener zur Immunisierung drängen. Ministerpräsident Mario Draghi meint: "Ein Großteil unserer heutigen Probleme liegt darin begründet, dass es Ungeimpfte gibt." Nach staatlichen Angaben belegen zwei Drittel der Betten auf den Intensivstationen Ungeimpfte. In Italien haben 89 Prozent der über zwölf Jahre alten Bevölkerung mindestens einen Stich gegen Corona bekommen.
Geschäftsmann Messina erläutert, es gehe ihm bei seiner Klage nicht um die Impfung oder den Grünen Pass, sondern "um mein Grundrecht nach Hause zurückzukehren". Sollten die Richter ihm das verweigern, werde er in Kalabrien ausharren.
Immerhin schläft Messina inzwischen nicht mehr im Auto. Eine mitfühlende Einwohnerin von Villa San Giovanni nahm den Sizilianer bei sich zu Hause auf.