Zum Hauptinhalt springen

Endstation vorverlegt

Von Simon Rosner

Wirtschaft
Der Cargo-Verkehr auf der Schiene hat es im Wettbewerb mit den Lkw zunehmend schwerer.
© © © Ocean/Corbis

Verkehrsclub will "fairen Wettbewerb" zwischen Schiene und Straße.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. "Die Lkw werden immer mehr", sagt Günter Auer, Bürgermeister der Gemeinde Hieflau. Und seine Kollegin aus der Nachbarortschaft Eisenerz, Christine Holzweber, ergänzt: "Für die Region ist das eigentlich furchtbar."

Demnächst werden in den beiden steirischen Gemeinden Verladestellen der Rail Cargo Austria geschlossen. Landesweit sind insgesamt 41 der 461 Verladestellen von einer Schließung betroffen. Sie sind für das Frachtunternehmen der ÖBB, das Finanzverbindlichkeiten in Höhe von 1,4 Milliarden Euro aufweist, nicht mehr lukrativ. Der für heuer erwartete Betriebsgewinn von rund 25 Millionen Euro "reiche nicht", sagt ÖBB-Chef Christian Kern.

Die Unrentabilität der Betriebsbahnhöfe in den kleinen Gemeinden erzählt verschiedene Geschichten. Es sind Geschichten über Zersiedelung, Betriebsabwanderungen, aber da und dort passt das Angebot der ÖBB einfach nicht mehr.

In Windischgarsten in Oberösterreich ist die Firma Rohol, ein Furnierbetrieb, von der Schließung der Verladestelle betroffen. "Dann müssen wir halt alles auf die Straße verlagern", sagt Geschäftsführer Anton Stöckl lapidar. Schon in den vergangenen Jahren seien die Transporte auf der Schiene stark zurückgegangen. Die Anforderungen der Lieferanten haben sich verändert, das Angebot der ÖBB jedoch nicht. "Es dauert einfach dreimal so lange", sagt Stöckl.

Auch die Kosten sind ein Faktor. "Seit einem Jahr verlangen die ÖBB 600 Euro pro Waggon zusätzlich. Dann ist es selbstverständlich, was passiert", sagt Otto Ruthner von der Marktgemeinde Hausleiten. Der defizitäre Güterverkehr hat die Anpassung betriebswirtschaftlich notwendig gemacht, für einzelne Betriebe ist die Schiene damit aber unattraktiv geworden. Dabei sind vorhandene Verladestellen nach wie vor ein Argument für Betriebsansiedlungen. Die Schließung solcher Bahnhöfe befördert daher eine Urangst der Gemeinden: "Der ländliche Bereich wird unattraktiver. Welcher Betrieb siedelt sich noch an?", sagt Stefan Visotschnig, der Bürgermeister von Bleiburg.

Auch EU entscheidet mit

Dass in Ortschaften wie Zurndorf, Ottensheim und Oberwart Betriebsbahnhöfe schließen, hat jedoch auch mit Brüssel zu tun. Denn dort wird seit vielen Jahren zwar als Ziel ausgegeben, den Güterverkehr von der Straße zunehmend auf die Bahn zu verlagern, doch die Realität sieht anders aus. Die Zuwachsraten bei Lkw-Transporten übersteigen jene auf der Schiene deutlich.

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) verlangt deshalb andere Rahmenbedingungen und Gesetze, die zum Teil eben auch von der EU beschlossen werden müssen. "Der Lkw-Verkehr zahlt nicht die von ihm verursachten Kosten", sagt VCÖ-Sprecher Christian Gratzer.

Österreich könnte zwar eine Lkw-Maut auch abseits der Autobahnen einheben, wie das die Schweiz macht, eine Erhöhung der Maut ist aber in Brüssel zu verhandeln. "Es braucht einen fairen Wettbewerb zwischen Schiene und Straße", sagt Gratzer. Der VCÖ fordert deshalb auch mehr Kontrollen bei Lkw-Frachtern und ein Ende der steuerlichen Vorteile für Diesel.

Der Anteil der Bahn am gesamten Güterverkehr beträgt in Österreich etwa ein Drittel, Tendenz eher fallend. Und eine Trendwende ist nicht zu erwarten. Vor allem, wenn in 40 Gemeinden gar keine Bahn mehr rollt.