Rauswurf muss bar | abgefunden werden. | Aber keine Chance für erpresserische | Einzelaktionen. | Wien. Harte Zeiten für Minderheitsgesellschafter! Viele wissen nicht, dass sie seit Inkrafttreten des Gesellschafterausschlussgesetzes aus einer GmbH oder AG hinausgedrängt werden können. Bisher musste eine komplizierte Umgründung mit Vermögensübertragungen durchgeführt werden, wodurch die ausgeschlossenen Minderheitsgesellschafter mit reinen Cash-Box-Gesellschaften übrig geblieben sind.
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Einerseits werden mit dem neuen Gesetz die Rechte der Minderheitsgesellschafter auf eine angemessene Barabfindung verbessert; Andererseits besteht ein Interesse des Hauptgesellschafters, wettbewerbsfähige und reaktionsschnelle Unternehmensstrukturen (ohne Minderheitsgesellschafter) zu schaffen. Die stürmischen Entwicklungen in der Wirtschaft erfordern flexible, anpassungsfähige und vor allem schnell entscheidungsfähige Gesellschafterstrukturen. Wie funktioniert das sogenannte Squeeze-out?
Die Hauptversammlung einer AG oder die Generalversammlung einer GmbH kann auf Verlangen des Hauptgesellschafters (mindestens 90 Prozent Kapitalmehrheit) beschließen, dass die Anteile der übrigen Gesellschafter auf ihn gegen Bezahlung einer angemessenen Barabfindung übertragen werden. Die Geschäftsleitung hat im nächsten Schritt gemeinsam mit dem Hauptgesellschafter einen Bericht über den geplanten Ausschuss aufzustellen und die Angemessenheit der Barabfindung zu erläutern und zu begründen.
Sachverständiger prüft Höhe der Abfindung
Die Richtigkeit des Berichtes und die Angemessenheit der verpflichtenden Barabfindung werden von einem sachverständigen Prüfer beurteilt. Darüber hinaus bestehen Veröffentlichungspflichten: Bei einer AG müssen innerhalb eines Monats vor dem Tag der Beschlussfassung über den Gesellschafterausschluss alle Dokumente (Berichte, Gutachten, Beschlüsse und Jahresabschlüsse samt Lageberichte der vergangenen drei Jahre) am Sitz der Gesellschaft zur Ansicht aufgelegt werden. Jeder Aktionär hat ein selbstverständlich kostenloses Informations- sowie Auskunftsrecht. Den Gesellschaftern einer GmbH hingegen sind alle erforderlichen Unterlagen mindestens 14 Tage vor der Beschlussfassung zu übersenden.
Herzstück der Minderheitsrechte ist die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung. Dieses Recht steht jedem ausgeschlossenen Gesellschafter zu, egal ob er bei der Gesellschafterversammlung anwesend war oder nicht, oder ob er für oder gegen seinen Ausschluss gestimmt hat. Der Überprüfungsantrag muss binnen eines Monats einlangen.
Die Wirkungen einer Entscheidung des eigens hierfür eingerichteten gerichtlichen Gremiums zur Überprüfung erstrecken sich auf alle betroffenen Minderheitsgesellschafter; nicht nur auf den, der das Gericht angerufen hat. Diese so genannte Erga-Omnes-Wirkung dient nicht nur der Gleichbehandlung aller Aktionäre, sondern soll auch erpresserische Aktionen einzelner unterbinden. Der Hauptgesellschafter wird dadurch hingegen streitlustiger. Da ein gerichtlicher Vergleich mit einem Gesellschafter auf alle Gesellschafter auszudehnen ist, ist die Gesellschaft weniger geneigt, erpresserischen Vergleichsanträgen von einzelnen Aktionären nachzugeben.
Praktiker fürchten offene Fragen
Das Gesellschafterausschlussgesetz ist im Großen und Ganzen zu begrüßen. Trotzdem gibt es noch Schwächen: Der Stichtag für die Feststellung der Angemessenheit ist mit dem Tag der Beschlussfassung gesetzlich geregelt, allerdings fehlen Regelungen für die Unternehmensbewertungen. Wie sich in der Praxis in der Unternehmensbewertung zeigt, betragen die Bandbreiten für die angemessene Barabfindung oft mehrere Millionen Euro. Durch die großen Spielräume bei der Bewertung dürfte die Arbeitsauslastung der Sachverständigen, der Anwälte und der Gerichte in den nächsten Jahren gesichert sein.
Erich Wolf ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Wien.