Vom Radiowecker bis zur U-Bahn: Jeder Mensch verbraucht Energie. | Der durchschnittliche Deutsche verbraucht täglich rund 132 Kilowattstunden.
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Berlin. "Guten Morgen, hier ist Radio Irgendwer!" Wenn der Radiowecker einen am Morgen aus seinen Träumen reißt, hat der Mensch schon zum ersten Mal an diesem Tag Energie verbraucht, weil elektrischer Strom die Stimme aus dem Gerät ertönen lässt. Das wird den ganzen Tag so weitergehen: Die Kaffeemaschine frisst genauso Strom wie der Aufzug in die Tiefgarage. Der Motor im Bus verbrennt Diesel, die Elektromotoren treiben die U-Bahn an. Der Computer im Büro und der Kühlschrank fürs zweite Frühstück - alles schluckt Energie. Übrigens steckt auch jede Menge Energie in der Semmel, die der Bäcker im Backofen knusprig werden lässt. Und selbst wer zur Arbeit läuft, braucht abgesehen von seiner Körperkraft noch ein wenig Energie, weil mit der Zeit die Schuhe verschleißen und ein neues Paar her muss.
Diese Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen. Wie viel Energie ein Mensch individuell nutzt, lässt sich daher nur aufwendig berechnen. Wissenschafter ermitteln daher, wie viel Energie in einer Region innerhalb eines Jahres insgesamt verbraucht wird - Primärenergiebedarf genannt. Bei diesem Wert wird auch jene Energie erfasst, die ohne Anwendernutzen verpufft.
In Deutschland waren es 2009 insgesamt 132 Kilowattstunden Primärenergie, die ein Mensch im Tagesdurchschnitt verbraucht. Strampelt ein Mensch zehn Stunden lang auf einem Hometrainer, erzeugt er gerade einmal eine Kilowattstunde Strom. Demnach müsste jeder Deutsche 55 Tage lang in die Pedale treten, um die Energie als Strom bereitzustellen, die er an einem Tag verbraucht.
Jedoch kamen 35 Prozent der deutschen Primärenergie aus Mineralöl, 22 Prozent aus Kohle und 22 Prozent aus Erdgas. Damit stammten knapp vier Fünftel der Primärenergie aus fossilen Brennstoffen. Weitere elf Prozent lieferten Atomkraftwerke und immerhin neun Prozent kamen aus erneuerbaren Quellen wie Holz, Biogas, Windkraftanlagen, Wasserkraft, Fotovoltaik, Photothermie und Geothermie. Der Rest stammt aus nicht näher bezeichneten Quellen. Die hohe Zahl fossiler Brennstoffe liegt auch am großen Anteil von Heizenergie für Haushalt und Industrie.
Weltweit sieht die Situation nicht viel anders aus. Insgesamt verbrauchen zurzeit 6,8 Milliarden Menschen mit rund 385.000 Petajoule beinahe das 30-Fache der bei den 82 Millionen Menschen in Deutschland anfallenden Primärenergie. Rund 85 Prozent des globalen Bedarfs wird mit den fossilen Brennstoffen gedeckt. Die Zahlen sagen aber noch wenig über die tatsächliche Situation in den Regionen aus. So kommt auf einen Menschen in einem Entwicklungsland weit weniger als die Hälfte des durchschnittlichen globalen Primärenergiebedarfs, während ein US-Amerikaner das Fünffache dieses Weltdurchschnitts beansprucht.
Da die meisten Menschen in Entwicklungsländern leben, ihr Lebensstandard und damit auch ihr Energiebedarf aber in Zukunft steigen werden, dürfte sich der Durchschnittsverbrauch mittelfristig erhöhen. Realistisch scheint ein Anstieg um ein weiteres Drittel, wenn gleichzeitig alle Möglichkeiten zum Energiesparen ausgeschöpft werden
Obendrein rechnen die Vereinten Nationen mit einem weiteren Wachsen der Weltbevölkerung. 2050 dürften es rund neun Milliarden Menschen sein. Insgesamt wird der Primärenergiebedarf also deutlich steigen. Besonders stark wird der Stromverbrauch wachsen, der heute weltweit bei etwa 16 Prozent des Primärenergieverbrauchs liegt, 2100 bereits 40 Prozent erreichen könnte. Elektrizität aber scheint zunehmend eine Domäne der erneuerbaren Energien zu werden.