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Energie-Sicherheit

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Das Vertrauen in russische Energie-Lieferanten schwinde, meinte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel. Von allen Sanktionsdrohungen gegen Russland ist dieser verklausulierte Satz der härteste. Russland lebt von seinen Gas- und Ölexporten, vor allem in Richtung EU-Länder. Die tatsächlichen Sanktionen richten sich gegen Personen im Umkreis von Präsident Wladimir Putin, es geht (insbesondere den USA) wohl darum, dessen persönlichen Reichtum zu reduzieren beziehungsweise der Welt offenzulegen. Immerhin wird Putin auf 40 Milliarden Dollar geschätzt. Der Großteil davon entfällt - erraten - auf von westlichen Nachrichtendiensten gemutmaßte Beteiligungen an russischen Unternehmen im Energiebereich.

Dass Europa seine Energieabhängigkeit von Russland reduziert, kann insgesamt nur positiv sein - auch ohne Krim-Konflikt. Es ist nur schade, dass die europäische Politik den EU-Bürgern nicht dazusagt, was das bedeutet. Sogenannte Flüssiggas-Terminals an Nordsee- und Mittelmeer-Häfen zu bauen, mag den meisten noch wurscht sein, doch dies bedeutet auch höhere Gaspreise.

Die Stimmung eher ins Kippen bringen aber könnte ein weiterer Plan: auch in Europa (wie schon in den USA) Schiefergas zu fördern. Das dazugehörige Wort "fracking" gilt im umweltbewussten Europa als Schimpfwort. Im Weinviertel beispielsweise wurde der OMV sogar ein Pilotprojekt abgedreht. Das führt dazu, dass es in Europa keine verlässlichen Angaben gibt, wie hoch diese Schiefergas-Bestände überhaupt sind und wo sich eine Förderung auszahlt.

Die Industrie, und vor allem die Stahlindustrie, geht hier einen Schritt weiter. Die Nutzung von Schiefergas gehört ihrer Meinung nach zur Verringerung der Energieabhängigkeit Europas dazu. Die USA haben damit ihre Wettbewerbsfähigkeit dramatisch gesteigert.

Denn die erneuerbaren Energien sind noch längst nicht so weit, fossile Energieträger zu ersetzen. Nicht wenn wir den Wohlstand in der EU so erhalten wollen, wie er sich darstellt. Teurere Energie führt zu Standortverlagerungen in der Industrie. Wer wird den Betroffenen dann gleichwertige Arbeitsplätze zur Verfügung stellen? Der Satz Merkels ist für Russland eine Bedrohung und wirtschaftspolitisch vernünftig. Aber die Konsequenzen sollten die Regierungschefs den Bürgern ebenso offenlegen.