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Energie um 20% teurer?

Von Veronika Gasser, Leipzig

Wirtschaft

Strom wird langfristig um 20% teurer werden, darüber sind sich Verbund und EnergieAllianz einig. Dies widerspricht jedoch den Versprechungen, mit denen den Stromabnehmern die Strommarkt-Liberalisierung schmackhaft gemacht wurde. Die Energieversorger rechtfertigen ihre These damit, dass kurzfristig nach der Marktöffnung die Preise wegen Überkapazitäten in den Keller und unter die Kosten gefallen sind. Auf Dauer sei ein solches Dumping jedoch nicht finanzierbar.


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Bis zur Liberalisierung gab es einen amtlich geregelten Strompreis. Doch nachdem auch der Strom den selbstregulierenden Kräften des Marktes überlassen wurde, gab es zunächst einen Preisverfall. Dieser kam allerdings nur der Industrie und den Großabnehmern zugute. Die Versorger bekamen lediglich 15 bis 20 Euro je Megawattstunde (MWh). "Die Preise der Liberalisierungseuphorie waren unnatürlich niedrig," bemerkt Christian Kern, Vorstand der Stromhandelstochter des Verbundes Austria Power Trading (APT).

Diesen Sommer kam es wegen der anhaltenden Dürre und den daraus resultierenden Problemen für die Kraftwerke, aber auch durch den verstärkten Einsatz von Klimaanlagen zu einem enormen Stromverbrauch (plus 15%), zu steigenden Großhandelspreisen an der Strombörse in Leipzig (EEX) sowie jener in Graz (EXAA). Die Preise liegen derzeit bei 28 Euro je MWh. Ab Herbst werden auch Haushalte und Großkunden den Preissprung zu spüren bekommen. Doch die Spitze sei noch nicht erreicht, meint Erwin Mair, Geschäftsführer der e&t, der Stromhandelstochter der EnergieAllianz. Er rechnet langfristig mit einem Anstieg um 20%. Zu erklären sei dies mit dem wachsenden Strombedarf, der die noch vorhandenen Überkapazitäten von 10 bis 15% in den nächsten acht Jahren aufgezehrt haben wird. Mair verweist auf den Umstand, dass Österreichs Energiepreise nicht isoliert, sondern im Verbund mit jenen Deutschlands und der Schweiz gesehen werden müssen. Von der EU-Erweiterung seien keine Preisreduktionen zu erwarten.

Strom wird nicht nur teurer, es wird auch zu Preisschwankungen kommen. Derzeit sind die Sprünge nur in den Tabellen der Strombörsen sichtbar, doch sie werden auch für den normalen Verbraucher an Bedeutung gewinnen. Kern erklärt, dass es zu einer Veränderung der Struktur kommen wird. "Ähnlich wie beim Ölterminmarkt werden die Börsenpreise bestimmen, wieviel der Strom kostet." Dieser Trend, wonach der Strom- dem Benzinpreis ähnlicher werde, gilt nicht nur für Industrie und Gewerbe, sondern auch für Haushalte. In Skandinavien lassen die Energieanbieter schon heute ihren Kunden die Wahl: Entweder sie nehmen Verträge mit Fixpreisen oder sie entscheiden sich für Verträge mit variablen Preisen. Für letztere gibt es als Zuckerl einen Abschlag von 20%. In Österreich hätten Industriebetriebe ähnliche Verträge. Sollten sich die Betriebe gegen die Schwankungen absichern wollen, so koste dies zusätzlich. Bis jedoch solche Verträge auch den heimischen Haushalten angeboten würden, vergingen noch ein paar Jahre.

Durch die Österreichische Stromlösung (ÖSL) werden APT und e&t zu einem Unternehmen verschmolzen. Dieses Stromhandelshaus wird in Zukunft über die Strompreise entscheiden. Eine Gestaltungsmöglichkeit der regionalen Versorger (Wienenergie, EVN, Energie AG, Linz AG und Begas) gibt es dann kaum mehr.