Zum Hauptinhalt springen

Energieabgabenvergütung 2002 erweitert

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Es war gerade das Ende der XXI. Gesetzgebungsperiode und es gab einfach keinen anderen Platz mehr. Also packte man den freundlichen Steuervorteil flugs in ein Gesetzespaket mit Restlverwertung. Haupttitel des legistischen Sammelsuriums: "Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz". Unter Artikel 6 findet man die Änderung des Energieabgabenvergütungsgesetzes. Gerade nur für ein einziges Jahr.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"Energieabgabenvergütungsgesetz"? Das nur Wenigen bekannte Paragraphenwerk ermöglicht die teilweise Refundierung von Energieabgaben an einen bestimmten Kreis von Unternehmen, und zwar durch das Finanzamt. Gemeint sind die besonderen Steuerzuschläge, die in den Energiekosten enthalten sind: 0,015 Euro je kWh Strom und 0,0436 Euro je m³ Erdgas. Sie sind also vergütungsfähig.

Die als betriebliche Kostenentlastung gedachte fiskalische Wohltat hat allerdings gerade im letzten Jahr das Missfallen des Europäischen Gerichtshofes und der EU-Kommission erregt, weil es nur produzierende Unternehmen begünstigt hat, also solche, deren Schwerpunkt in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter (Maschinen, Fahrzeuge, Möbel, usw.) liegt. Dadurch, so meinten die Brüsseler, habe die Vergütung den Charakter einer unerlaubten Beihilfe. Dessenungeachtet genehmigten sie mit Augenzudrücken den Fortbestand des Gesetzes bis Ende 2001. Ab 2002 sollte eine neue Lösung gefunden werden.

Erweiterter Empfängerkreis

Die neue Lösung findet sich nun just in jenem Paragraphen-korb, der in den letzten Tagen der alten Regierung geflochten wurde. Die Novelle zum "EAVG" erweitert den Kreis der Vergütungsberechtigten von den bloß produzierenden Industrien auf alle Betriebe, die Erdgas, elektrische Energie oder daraus erzeugte Wärme (Dampf, Warmwasser) im Erzeugungs- oder Dienstleistungsprozess verwenden.

Damit können nicht bloß energieintensive Großverbraucher (wie ÖBB, Transportbetriebe, Seilbahnen, Gastronomie-betriebe, Bäderbetriebe und viele andere) die neue Energieabgabenvergütung beanspruchen, sondern auch kleinere und mittlere Unternehmer mit besonders hohem Energieeinsatz. Betriebsgröße spielt keine Rolle und der vormals vorausgesetzte "Schwerpunkt Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter" auch nicht.

So wird vergütet

Dafür, dass wirklich nur energieintensive betriebliche Ver-braucher an die Vergütungskasse herankommen, sorgt frei-lich schon das Verfahren zur Berechnung des jeweiligen individuellen Refundierungsbetrages an Energieabgaben. Der Anspruch leitet sich vom sogenannten Nettoproduktionswert des Betriebes ab. Darunter versteht das Gesetz den Wert der Betriebsleistung, also den Differenzbetrag aus eigenen Umsatzerlösen und den vom Betrieb zur Umsatzerzielung verbrauchten Leistungen der Lieferanten und Dienstleister. (Nur die Gestellung von Arbeitskräften muss unberücksichtigt bleiben).

Vom Nettoproduktionswert muss ein Schwellenbetrag in Höhe von 0,35% errechnet werden. Der über diesen Schwellenwert hinausreichende jährliche Betrag an bezahlten Energieabgaben (auf Erdgas und elektrische Energie) ist dann jener Betrag, der bei der Finanz zur Refundierung beantragt werden kann.

So wird berechnet

Anspruch und tatsächliche Rückzahlung müssen freilich noch um einen betrieblichen "Selbstbehalt" korrigiert werden. Der Refundierungsbetrag wird vom Finanzamt um 363 Euro gekürzt.

Was sich hier mit den wenigen Worten als kompliziert liest, wird in der Praxis allerdings als relativ einfach zu ermitteln beschrieben, zumal Erlöse und Leistungseinsatz im Regelfall aus dem betrieblichen Rechnungswesen relativ leicht abzuleiten sind. Der "Umsatz", den das Unternehmen erbringt, und jener, der von Dritten an das Unternehmen erbracht wird, sind Begriffe, die im Umsatzsteuergesetz nachzulesen sind. Die bezahlten Energieabgaben lassen sich durch Multiplikation des Energieverbrauches (m³-Erd-gas, kWh-Strom) mit den Energieabgabenbeträgen errechnen.

Derzeit nur für 2002

Für alles gibt's ein (Antrags-)Formular; für den EAVG-Anspruch gibt es den Vordruck ENAV 1, den man bei kaum einem Finanzamt bekommt und sich deshalb am besten aus dem Internet (Finanzministerium) selbst herunterladet. Das dort dargestellte Berechnungsschema ist einfach und übersichtlich. Die Einreichung des Antrags hat an das für den Betrieb zuständige Umsatzsteuer-Finanzamt zu erfolgen. Eile ist nicht nötig; die Anspruchfrist endet in fünf Jahren; für 2002 also zu Ende 2007.

Tatsächlich ist 2002 aber (vorläufig) das einzige Jahr, für das der erweiterte Vergütungsanspruch gesetzlich fixiert wurde. Für 2003 und die Folgejahre will die neue Regierung noch zuwarten. Die Damen und Herren Europa-Räte von Barcelona und Sevilla haben sich nämlich die Harmonisierung der Energiebesteuerung vorgenommen, was auch Auswirkungen auf die Regelung von Vergütungs-ansprüchen haben wird. Die edle Absicht sollte bis Ende 2002 realisiert werden, wofür indes die Zeit nicht reichte. Also bleibt das heimische Vergütungsgesetz einstweilen im Talon; es könnte gut sein, dass es nochmals um ein Jahr verlängert wird.