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Energieboom made in USA

Von David Ignatius

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Vor allem dank Schiefergas und -öl wird die US-Wirtschaft zunehmend unabhängig von Importen aus Krisenregionen wie dem Nahen Osten.


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Seit Jahrzehnten sprechen US-Bürger über Energiepolitik wie über Migräne. Der Ausdruck ist mit Schmerzen verbunden - ständig steigende Gaspreise, kostspielige Regierungsprogramme und Abhängigkeit von Importen aus Krisenregionen. Jüngste technologische Entwicklungen sind aber so erstaunlich, dass sie diesen lange andauernden Pessimismus durchbrechen sollten. Tatsache ist, dass sich die Energieaussichten der USA in fast jedem Bereich so sehr verbessert haben, wie das noch vor einem Jahrzehnt unvorstellbar war. Die Erzeugung von Öl, Gas und alternativer Energie steigt, auch wenn die Nachfrage bereits zu fallen beginnt - alles dank neuer Technologie.

Diese Veränderungen hat kürzlich der US-Energieminister und frühere MIT-Physikprofessor Ernie Moniz auf den Punkt gebracht und mit umfassenden Statistiken unterlegt. Lassen Sie mich mit der Ölproduktion beginnen: Einer neuen Studie der Energy Information Administration zufolge werden die USA bis 2016 fast zehn Millionen Barrel Öl pro Tag fördern, was ungefähr dem Output Saudi-Arabiens entspricht. Das ist sehr viel mehr als noch vor einem Jahr vorhergesagt, dank der Entwicklung bei der Schieferöl-Erschließung. Die Ölproduktion aus Schieferreserven soll sich von 2,3 Millionen Barrel pro Tag im Jahr 2012 auf 4,8 Millionen Barrel im Jahr 2021 verdoppeln.

Die Erdgasproduktion soll bis 2040 um 56 Prozent steigen. Auch hier erfolgt die Steigerung durch Schieferformationen, die mittels hydraulischer Brechung des Gesteins, genannt "Fracking", erschlossen werden können. Dieses Gas wird bald ungefähr die Hälfte der gesamten Gasproduktion der USA ausmachen. Umweltschützer sind besorgt, dass diese Art der Gewinnung das Grundwasser verunreinigen könnte. Die Frage wird heiß diskutiert, aber unbestreitbar ist, dass die große Menge an billigem Gas den Verbrauch von Kohle in den USA reduziert und damit auch den Kohlendioxidausstoß, der als Grund für den Klimawandel gilt.

Alternative Energie? Wind- und Solarenergie scheinen für Konservative ein Witz zu sein, aber zu Unrecht. Seit 2008 hat sich die Energie aus Wind in den USA mehr als verdreifacht und erbringt nun ungefähr die Menge von 60 großen Atomreaktoren. Und die Solarenergie hat sich seit 2008 sogar verzehnfacht, wobei die Kosten pro Watt von 3,40 Dollar auf 80 Cent gesunken sind.

Die Geschichte dieses Aufschwungs ist fast zum Lachen. Dank der steigenden heimischen Produktion und der fallenden Nachfrage wird die Abhängigkeit der USA von Energieimporten bis 2040 auf nur noch 4 Prozent fallen, verglichen mit 30 Prozent im Jahr 2005. Und wir haben dabei noch nicht einmal über die strategischen Auswirkungen dieser Energieunabhängigkeit und die verringerte Verletzbarkeit durch Tumulte im Nahen Osten gesprochen. Es fällt uns schwer, die Sichtweise der Energie als nationale Problematik aufzugeben, aber die erstaunlichen Prognosen legen nahe, dass die Energiezukunft wohl eher glänzend sein wird.

Übersetzung: Redaktion