Billa setzt neuerdings auf selbstständige Kaufleute. Die Branche kämpft gegen die Teuerung.
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Der Handel stöhnt unter den hohen Energiepreisen, einzelne Nahversorger überlegen, ihre Geschäfte zuzusperren - laut Handelsverband droht 6.000 Händlern, durch alle Branchen, bis Jahresende die Schließung. Auch die Personalkosten werden sich, Stichwort Kollektivvertragsverhandlungen, voraussichtlich erhöhen. Dennoch schaut sich der Handel nach neuen Geschäftsmodellen um.
Das heimische Handelsunternehmen Billa, im Eigentum des deutschen Handelskonzerns Rewe, adaptiert derzeit das Kaufleute-Modell, das Erfolgskonzept des Lebensmitteländlers Adeg, ebenfalls Teil des Rewe-Konzerns. Dabei führen selbstständige (Einzel-)Unternehmer einen Supermarkt unter der Marke Billa. Die Rechtsform ist eine OG ("Partner-OG") mit einer Kapitalbeteiligung des Kaufmanns (80 Prozent) sowie von Billa (20 Prozent). Drei Billa-Kaufleute haben ihre Märkte bereits eröffnet, beziehungsweise stehen in den Startlöchern.
"Billa will mit dieser Strategie die Großhandelsumsätze halten. Gleichzeitig können die Kaufleute, das hat sich bei Adeg gezeigt, stabilere Preise anbieten", sagt Branchenkenner und Marktforscher Andreas Kreutzer. "Mit diesem Modell kann Rewe auch Lücken füllen", so Kreutzer, und dort präsent sein, wo es aus Konzernsicht nicht mehr ins Konzept passt. Denn das Unternehmen sei davon abgegangen, Märkte von weniger als 400 Quadratmeter Fläche zu betreiben. Indem sie das den selbständigen Kaufleuten überlassen, seien sie als Marke dennoch präsent.
Risiko Energiekosten
Gehalt und Krankenstand der Kaufleute sind in diesem Modell Sache des einzelnen Kaufmanns. Machen es sich die großen Handelsketten mit ihrer Marktmacht da nicht zu einfach? Nein, sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands: "Die selbständigen Kaufleute wollen ja selbständige Kaufleute sein. Sie sehen sich als Unternehmerinnen und Unternehmer - was sie auch sind, egal welcher Kette sie angehören. Als Selbständiger hat man in Gemeinschaft mit Großhändlern gewisse Vorteile, die man gerne nutzt. Andererseits trägt man aber auch ein gewisses Maß an unternehmerischen Risiken selbst."
Zum unternehmerischen Risiko gehört auch das Bewältigen der steigenden Energiekosten. In der Wirtschaftskammer warnten Ende Oktober zahlreiche Vertreter von kleinen Lebensmittelhändlern und selbständigen Kaufleuten - darunter Nah & Frisch, Adeg, Spar, sowie Greißlern und Bio-Läden - vor einer Schließungswelle, die 2023 drohe. Die Stromkosten in der Branche beliefen sich bisher auf durchschnittlich rund ein Prozent des Umsatzes. Heute müssen zahlreiche Nahversorger bereits drei bis vier Prozent ihres Umsatzes für Stromkosten aufbringen. "Dies mag im Vergleich zur energieintensiven Industrie wenig erscheinen. Doch die Kosten- und Deckungsbeitragsstruktur ist bei uns eine ganz andere. Der Lebensmittelhandel erwirtschaftet traditionell sehr geringe Umsatzrenditen von rund ein Prozent des Nettoumsatzes vor Steuern", sagte etwa Johann Peter Buchmüller, ADEG-Kaufmann und Präsident der Wirtschaftskammer Salzburg in einer Aussendung.
Laut Handelsverband schaut der Handel beim Energiekostenzuschuss, den die Regierung für Unternehmen bereitgestellt hat, durch die Finger. Die drohende Nahversorger-Krise sei vor allem im ländlichen Raum kritisch, warnt Rainer Will vom Handelsverband: "Aktuell stehen österreichweit bereits rund 600 Gemeinden ohne eigenen Nahversorger da. Bis Ende 2023 könnte diese Zahl auf 1.000 Gemeinden ansteigen, sollten seitens der Politik keine Unterstützungen im Energiebereich kommen."
Auch bei Spar, wo von 1.500 Märkten etwa 700 von selbständigen Kaufleuten geführt werden, drängt man auf Unterstützung durch den Staat: "Alle haben das selbe Problem, nämlich, dass die Energiepreise in die Höhe geschossen sind. Viele wissen nicht, wie es weitergehen kann. Daher ist es notwendig, dass die Regierung hier Maßnahmen setzt", heißt es aus dem Unternehmen. Die Kaufleute würden von Spar in allen Bereichen bestmöglich unterstützt.
Rewe hat in puncto Energiekosten zumindest einen Puffer, auch für die Kaufleute: "Mit unserer Firma EHA - eine interne Energiehandelsgesellschaft - schaffen wir es, den Umständen entsprechend gute Konditionen anzubieten", hieß es auf Anfrage.