Moderne Energiepolitik in Europa sollte sich an drei Zielen orientieren: Erstens die Versorgung mit Energie langfristig sicherstellen. Zweitens Arbeitsplätze im Inland schaffen. Drittens die Verpflichtungen im Rahmen der Kyoto-Vereinbarungen zur Eindämmung von klimaschädlichen Gasen ernst nehmen. Glücklicherweise widersprechen sich diese Ziele nicht. Ganz im Gegenteil, Energiepolitik, Arbeitsmarktpolitik im Zeichen der Wirtschaftskrise und Vorsorge gegen die drohende Klimaveränderung lassen sich gut unter einen Hut bringen.
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Die Sicherheit der Versorgung mit Energieträgern, insbesondere von Gas, ist nicht gegeben. Das haben die letzten Wochen wieder gezeigt. Österreich ist, so wie viele andere Staaten der Europäischen Union, viel zu abhängig von Lieferungen aus Russland und der Bereitschaft der Transitländer, besonders der Ukraine, das Gas auch zu transportieren. Darauf gibt es zwei Antworten: Erweiterung der Anbieter bzw. Lieferanten oder Eindämmung der heimischen Nachfrage. Die potenziellen zusätzlichen Lieferanten sind im Wesentlichen Länder des Mittleren Ostens. Das Risiko wird aber nicht geringer, wenn durch Milliarden-Projekte (Nabucco-Pipeline) Russland durch den Iran etc. ersetzt wird.
Die Gasnachfrage im Inland wird reduziert, wenn in der Stromproduktion auf Biomasse, Wind und Sonne gesetzt wird statt auf Gas; und wenn Raumwärme anders erzeugt wird als durch Gasheizungen, nämlich durch Wärmedämmung in Altbauten, Passivhausstandards bei Neubauten, Solarthermie, Pellets und Erdwärme. Das fördert die Unabhängigkeit der Energieversorgung, und schafft gleichzeitig Arbeitsplätze im Inland, in Gewerbe, Industrie und Dienstleistungen. Alle einschlägigen Untersuchungen zeigen, dass im Bereich der Erneuerbaren Energien und der Technologie ihrer Anwendung noch Zehntausende von zusätzlichen Arbeitsplätzen auf ihre Verwirklichung in Österreich warten.
Last not least handeln wir damit im Einklang mit Klimaschutzzielen, namentlich der Verringerung von CO2-Emissionen. Österreich erfüllt seine Kyoto-Verpflichtungen derzeit nicht, und der notwendige Zukauf von Emissionsrechten würde uns sehr teuer zu stehen kommen. Millionen Euro in die Erstellung neuer Gaskraftwerke zu pumpen, wie es immer noch Ziel der Bundesregierung ist, ist energiepolitischer, arbeitsmarktpolitischer und klimapolitischer Unfug. Es ist höchste Zeit, die Energiewende einzuleiten und sich auf die heimischen Quellen von Energie zu konzentrieren. Sonst bleibt Österreich abhängig und erpressbar, und wir verzichten auf die Chance, Zukunftsmärkte rechtzeitig zu besetzen - im Interesse der Wirtschaft und des Klimaschutzes.
Alexander Van der Bellen ist Abgeordneter der Grünen im Nationalrat.