Zum Hauptinhalt springen

Energieverschwendung

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

In der von Emotionen und Hektik geprägten Tagespolitik samt der dazugehörenden Berichterstattung können auch Wohlmeinende die Orientierung verlieren. Daher an dieser Stelle einige Fakten zur Lage der Nation. 

Der Anteil der Sozialausgaben - dazu zählen Kinder, Pensionen, Gesundheit, Armutsbekämpfung, Arbeitslosigkeit und Wohnen - betrug 2017 insgesamt 110 Milliarden Euro, gemessen an der Wirtschaftsleistung sind das rund 30 Prozent - Tendenz stabil bis leicht steigend. Die Kosten der umkämpften Mindestsicherung, die nun wieder Sozialhilfe genannt werden will, lag vor zwei Jahren bei etwas über 0,9 Prozent des Sozialbudgets.

Und jetzt, nach einem bald dreijährigen erbitterten Ringen der Parteien um eine Reform der Mindestsicherung, die von den einen als unausweichliche Rettungstat beworben und von den anderen als nackte Unmenschlichkeit gebrandmarkt wird, steht laut wirkungsorientierter Folgeabschätzung fest, dass die neue Form mit jährlichen Kosten von rund 950 Millionen Euro sogar noch ein wenig teurer werden wird, als es bisher schon die bestehende Version ist.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die am heftigsten umkämpfte Streitfrage der Politik der vergangenen drei Jahre dreht sich um die Größenordnung von 0,25 Prozent der Wirtschaftsleistung oder eben nicht einmal ein Prozent aller Sozialausgaben. Das ist natürlich immer noch sehr viel Geld, das erst einmal verdient respektive besteuert werden muss. Es steht jedoch in keinem Verhältnis zu den investierten und losgetretenen Emotionen, zumal die Kostenentwicklung nach den starken Steigerungen in den Jahren nach der Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 und 2016 nun weitgehend stabil ist.

Wie muss man das nennen, wenn am Ende einer lang und erbittert geführten Auseinandersetzung der Rahmen im Großen und Ganzen der alte bleibt: ein Scheingefecht, ein Ablenkungsmanöver, ein Mittel zum Zweck für ganz andere Absichten? Und vor allem: Welche Partei darf damit rechnen, welche muss fürchten, dass die investierte politische Energie in Wählerstimmen spätestens bei der Wien-Wahl zu- oder abfließt?

Sicher, noch ist die neue Mindestsicherung nicht einmal in Kraft, noch weiß niemand, wie die Länder ihren Gestaltungsspielraum nutzen werden und wie die neuen Bestimmungen, die insbesondere auf Migranten abzielen, sinnvoll oder bloße Schikane sind, geschweige denn, ob das Gesetz vor den Höchstrichtern bestehen wird. Was man jedoch jetzt schon sagen kann, ist, dass - gemessen am Budget, der in Zahlen gegossenen Politik - die ganze Aufregung für die Katz war. Es sei denn natürlich, man glaubt, dass ohne den ganzen Krieg alles ganz anders gekommen wäre.