Der EU-Abgeordnete Herbert Bösch bestätigt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sein Interesse, künftig die Funktion des Rechnungshof-Präsidenten in Österreich zu übernehmen. Der Vorarlberger SPÖ-Mandatar hat sich in der EU einen Namen gemacht als Aufdecker von finanziellen Unregelmäßigkeiten in Kreisen der Kommission. In Bezug auf das neue EU-Budget fordert er "eine tatsächliche europäische Debatte ein.
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Der "europäische Mehrwert" ist dem engagierten Vorarlberger ein besonderes Anliegen. "Ehrenvoll" und "eine persönliche Genugtuung" ist es denn auch für Bösch, als möglicher Nachfolger von Franz Fiedler als Präsident des Rechnungshofes (RH) genannt zu werden. "Dass man in der SPÖ an mich denkt, ist mir bekannt." Dass er von Parteichef Alfred Gusenbauer auch als neuer RH-Vorsitzender ins Spiel gebracht wurde, wertet Bösch als Anerkennung seiner Arbeit als EU-Volksvertreter. "Ich möchte das Geld, das ich da draußen verdiene, auch Wert sein."
"Europäischer Mehrwert"
Gusenbauer hatte neben Bösch auch Ewald Nowotny, Ex-Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank, und Volksanwalt Peter Kostelka als geeignte SP-Kandidaten für den neuen RH-Präsidenten ins Spiel gebracht. Fiedlers Mandat läuft Ende Juni aus. Und die Opposition sollte hier ein Vorschlagsrecht haben, finden SPÖ wie Grüne. "Ja, ich stehe zur Verfügung", unterstreicht Bösch seine Bereitschaft, das europäische gegen das Wiener Parkett eintauschen zu wollen. Schließlich würde er europäische Erfahrung in das Amt des RH-Vorsitzes mitbringen. Konkretes sei nicht vereinbart. Noch arbeite er an den letzten Berichten im EU-Parlament.
Haushaltskontrolle in Brüssel und Wien
Dazu zählen die ungebrochenen Bestrebungen des Vorarlbergers, die Betrugsbekämpfung in der Union, konkret die Behörde OLAF (Office de la Lutte Anti-Fraude), zu reformieren. Bösch, der Mitglied des gewichtigen Haushaltskontrollausschusses im Europa-Parlament ist, hatte bereits 1999 aufgrund seiner Nachforschungen dazu beigetragen, dass die EU-Kommission unter dem Luxemburger Präsidenten Jacques Santer wegen Unregelmäßigkeiten zurücktrat. Nachfolger Romano Prodi wollte es besser machen und gab die Parole "Null Toleranz" aus. Dumm nur, dass vergangenes Jahr rund um die EU-Statistikbehörde Eurostat - die der Kommission untersteht - mutmaßliche Schwarzgeldkonten und Scheinverträge dank OLAF ans Tageslicht kamen. Doch die Anti-Betrugsbehörde arbeitet zu langsam.
Bösch urgierte daher als zuständiger Berichterstatter im EU-Parlament wiederholt Neuerungen: OLAF solle mehr Mitarbeiter für Ermittlungen bekommen, und Vorfälle innerhalb der EU sollten rascher geprüft werden. Bis dato sind von den 300 OLAF-Mitarbeitern 50 mit Untersuchungen befasst, nur 15 davon prüfen interne Vorfälle.
"Strenger Kontrolleur"
Ob die Kommission etwas vertuschen möchte? "Prodi wollte in dieser Amtsperiode wirklich etwas rüberbringen", verteidigt Bösch den Kommissionschef, der bis Okotber im Amt ist. "Aber es waren zu viele Köche am Werk", meint der EU-Abgeordnete kryptisch. Die angesehene französische Tageszeitung "Le Monde" charakterisierte ihn denn auch als "einen der strengsten Kontrolleure der europäischen Exekutive" (der Kommission, Anm.). In dieses Bild reiht sich auch Böschs Kampf für eine gerechtere Verteilung der EU-Mittel. Zumal sechs Nettozahler in der aktuellen Budgetdebatte ein Einfrieren der Beitragzahlung der Mitgliedstaaten bei einem Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) fordern, Brüssel jedoch - angesichts der Erweiterung und zunehmender Aufgaben - darüber hinaus, bis etwa 1,22 Prozent des BNE, gehen möchte. "Mit einem Deckel kann die EU keine Kernaufgaben übernehmen", kritisiert Bösch die Argumentation der Nettozahler (auch Österreich) als falsch. "Ich bin selber Haushälter und weiß, am billigsten ist es, wenn wir gar nicht dabei sind. Aber offenbar kann die Union viel mehr als ein einzelner Staat, daher sind wir Mitglied."
Unterfutter für Konjunktur
Man werde deshalb um eine Reformdebatte in der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht umhinkommen. Dort würde nach wie vor die Überschussproduktion Fördermittel verschlingen, so Bösch. Dass Großbritannien in den 1980-er Jahren eine deutliche EU-Beitragsreduktion erzielte mit der Begründung, vergleichsweise wenig Agrarförderung zu bekommen, sei ebenso wenig zeitgemäß. "Wir können nicht erwarten, dass die neuen Mitgliedstaaten mit einem Drittel unseres Einkommensniveaus den britischen Rabatt mitfinanzieren", echauffiert sich Bösch. Notwendig sei zudem eine gemeinsame Konjunkturpolitik. Die Lissabon-Strategie der EU (u.a. mehr Investitionen in Infrastruktur und Forschung) sei ein erster Versuch, der "unterfüttert" werden müsse. Der Gemeinschaftsanteil an Transeuropäischen Netzen (TEN) müsse erhöht werden. Davon würde vor allem Österreich profitieren. "Geld, das in der EU ausgegeben wird, ist besser ausgegebenes Geld."