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Enge Leitplanken für eifrige Datensammler

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv
Gegen den Datenkraken demonstrierten Bürgerrechtler in Karlsruhe. Foto: ap

Künftige Projekte gefährdet. | Bank- und Flugpassagierdaten auf Warteliste. | Brüssel. Das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe erschüttert mit der Vorratsdatenspeicherung eine der zentralen EU-Maßnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität. Die Ermittler können von den Telekomunternehmen ab sofort keine Telefon- und Emailverbindungsdaten mehr abrufen. Auch die Aufbewahrung der deutschen Daten für sechs Monate ist nicht mehr möglich. | Die EU-Richtlinie | Österreich zögert bei der Umsetzung | Deutschland löscht die Vorratsdaten


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Sicherheitsexperten sprechen auch von Auswirkungen für die EU-interne Polizeikooperation und den Datenaustausch mit den USA. "Ein guter Tag für alle Kriminellen", sagte ein Vertreter der deutschen Kriminalbeamten in einem Interview.

Nicht direkt vom Karlsruher Urteil betroffen ist dagegen die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung selbst, die 2005 nach den blutigen Anschlägen von Madrid beschlossen worden war. Die Möglichkeit, die Richtlinie im Einklang mit der deutschen Verfassung umzusetzen, besteht nach dem Spruch der Richter eindeutig. Doch erst mit der Umsetzung in nationale Gesetze entfaltet sie ihre Wirkung. Vorläufig ist ihre Nützlichkeit daher seit der Nichtigkeit der deutschen Regelung stark gesunken.

Auch in den USA wird die Entscheidung der deutschen Verfassungsrichter wohl nicht mit großer Freude aufgenommen. Denn das Urteil zieht sehr enge Leitplanken für die Sammlung und Auswertung von Daten für die Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität. Dabei dürfte es sich um einen Vorgeschmack auf die deutsche Position für künftige Speicherprojekte im Sicherheitsbereich handeln.

Nicht einfacher werden die Verhandlungen mit den USA über den Austausch von Banküberweisungsdaten, die demnächst beginnen sollen. Ein Übergangsabkommen war erst im Februar - wegen Datenschutzbedenken - vom EU-Parlament abgelehnt worden. Und leiser treten müssen die Innenminister vermutlich auch beim großen Plan zu Sammlung und Analyse von Flugpassagierdaten. Dass ein System dafür ausgearbeitet werden soll, haben die Vertreter der Mitgliedsstaaten im Jänner ausgemacht. Der deutsche Ressortleiter Thomas de Maiziere trat schon vor dem Urteil wesentlich zurückhaltender auf, als sein Vorgänger, der derzeitige Finanzminister Wolfgang Schäuble.