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Engeres Korsett für Airbnb & Co

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Wer sein Zuhause an Touristen vermietet , muss vorher das Einverständnis der weiteren Eigentümer oder - bei einer Mietwohnung - seines Vermieters einholen.
© fotolia/WunderBild

OGH-Urteil klärt Graubereich bei der Vermietung von Wohnungen an Touristen - Ärger für Bettenbörsen in mehreren Ländern.


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Wien. Das Prinzip klingt einfach: Wer eine günstigere Alternative zu Hotels sucht, kann auf Internetplattformen wie Airbnb, 9flats oder Wimdu eine Privatunterkunft finden. Der Anbieter sichert sich so ein Zusatzeinkommen. Der Haken: Rechtlich bewegen sich einige Vermieter in der Grauzone. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat nun einen strittigen Bereich geklärt und entschieden, dass alle anderen Eigentümer im Wohnhaus zustimmen müssen, wenn ein einziger Eigentümer seine Wohnung kurzfristig an Touristen vermietet (5 Ob 59/14 h).

Im konkreten Fall bot der Beklagte seine Wohnung als Appartement online und über den örtlichen Tourismusverband für 2 bis 30 Tage an. Der OGH begründete sein Urteil damit, dass schutzwürdige Interessen anderer Wohnungseigentümer beeinträchtigt werden könnten, wenn ständig wechselnde hausfremde Personen im Wohnhaus ein- und ausgehen. Daher darf die Widmung nicht eigenmächtig geändert werden.

Mieter brauchen Einwilligung ihres Vermieters

Holt der Vermieter die Zustimmung der anderen Eigentümer für die touristische Nutzung nicht ein, können die anderen Eigentümer auf Unterlassung klagen. Vermietet der Eigentümer trotzdem weiterhin an Gäste, kann beim Bezirksgericht eine Vollstreckung mittels Zwangsstrafe beantragt werden, erklärt Christoph Brenn, stellvertretender Leiter der Medienstelle des Obersten Gerichtshofes. So weit komme es aber nur selten.

Wird ein als Wohnung gewidmetes Wohneigentum für die Dauer von jeweils drei bis sieben Tagen an Urlauber vermietet, stelle das eine genehmigungspflichtige Widmungsänderung dar, wie der OGH bereits zuvor entschieden hatte. "Im Wohnungseigentumsvertrag muss ein Hinweis stehen, dass die Wohnung nicht nur als Wohnobjekt, sondern auch zur Vermietung an Touristen genutzt wird", sagt Brenn. Das sei mit Formulierungen wie "zu Ferienzwecken" oder "Appartement" möglich. Stimmen nicht alle Eigentümer zu, kann ein Außerstreitrichter vom Bezirksgericht angerufen werden, der über die Nutzungsänderung entscheidet.

Mieter, die ihre Wohnung auf Plattformen anbieten wollen, brauchen die Einwilligung ihres Vermieters - sonst droht die Kündigung. "Der Eigentümer kann vom Mieter Unterlassung verlangen", sagt Brenn.

Die Bettenbörsen könnten durch das Gerichtsurteil Vermieter und damit Provisionen (bis zu 15 Prozent des Nächtigungspreises) verlieren. 9flats-Geschäftsführer Roman Bach rechnet jedoch kaum mit Auswirkungen auf das Geschäft der deutschen Unterkunfts-Vermittlungsplattform, die mehr als 123.000 Unterkünfte anbietet, davon knapp 700 in Österreich. Er begrüßt klare Regeln, die Vermietern mehr Sicherheit geben: "Das macht unser Geschäft verlässlicher und sicherer." Bach fordert "klare Spielregeln, aber keine sinnlose Regulierung".

Julian Trautwein, Sprecher des Konkurrenten Airbnb, sagt auf Anfrage zum OGH-Urteil: "Airbnb weist Gastgeber bereits darauf hin, dass sie vor einer Listung ihres Zuhauses auf der Plattform prüfen sollen, ob sie die Eigentümergemeinschaft benachrichtigen müssen."

9flats-Geschäftsführer: "Wir orientieren uns an Ebay"

Die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) begrüßt die OGH-Entscheidung. "Die Vermietung an Touristen war bisher ein Graubereich. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes schafft Klarheit", sagt ÖHV-Sprecher Oliver Schenk. Die Vereinigung spreche sich nicht grundsätzlich gegen Plattformen wie Airbnb & Co. aus, "wir sind aber für Fair Play, weil die Vermieter an der touristischen Infrastruktur partizipieren", so Schenk. Die ÖHV fordert, dass gleiche Regeln für alle gelten und auch Privatvermieter Abgaben wie Ortstaxe leisten müssen. Die Kontrolle sei aber schwierig.

Und gerade hier wird es haarig: Braucht ein Privatvermieter, der seine Wohnung dreimal jährlich an Urlauber vermietet, einen Gewerbeschein? Muss er einen Rauchmelder installieren?

"Wichtig ist die Differenzierung zwischen Gelegenheitsvermietern und professionellen Vermietern auf der Plattform", sagt Bach. Neben Privaten sind auch Unternehmen, die mehrere hundert Wohnungen vermieten, auf 9flats vertreten. "Wir orientieren uns an Ebay", so Bach. Auf dem Online-Verkaufsportal sind ebenfalls private und gewerbliche Anbieter vertreten - doch die Grenze verläuft fließend. Mit Graz verhandle 9flats jedenfalls gerade darüber, dass die Plattform künftig die Ortstaxe für die vermittelten Übernachtungen zentral abführt.

Auch in anderen Ländern beschäftigen die Vermittlungsportale Behörden und Gerichte. So wurden auch Sozialwohnungen an Feriengäste vermittelt. In manchen Städten wird die Vermietung von Zweit- oder vererbten Wohnungen an Touristen für die Wohnungsknappheit verantwortlich gemacht. In Berlin wurde deshalb ein Zweckentfremdungsverbot beschlossen: Demnach muss die Nutzung von Wohnraum zu anderen Wohnzwecken genehmigt werden. Vermieter, die ihr Zuhause kurzfristig Touristen zur Verfügung stellen, müssen sich bis zum 1. August beim Bezirksamt melden. Auch in München und Hamburg muss die Zweckentfremdung von Wohnungen, also auch die Vermietung an Urlauber, behördlich genehmigt werden.

Airbnb macht bald auch Restaurants Konkurrenz

In Katalonien - die Hauptstadt Barcelona ist ein beliebtes Ferienziel - gehen die Behörden seit längerem gegen illegale Ferienunterkünfte vor. Die katalonische Regierung verkündete am Montag eine 30.000-Euro-Strafe gegen Airbnb. Der Grund: Airbnb hat Zimmer und Unterkünfte vermittelt, die nicht im katalanischen Tourismusregister aufscheinen. Sollte Airbnb weiter illegale Zimmer und Unterkünfte vermitteln, untersuche man Wege, um die Internetseite für Nutzer aus Katalonien zu blockieren. Hier brauche es die Kooperation von Telekomfirmen, heißt es in der Mitteilung.

Airbnb, das Unterkünfte in 192 Ländern vermittelt, plant bereits neue Angebote und könnte bald auch in großem Stil Restaurants Konkurrenz machen: In San Francisco, wo die Firma ihren Hauptsitz hat, wird ein Dinner für Fremde getestet. Dabei kochen Gastgeber für Personen, die sich über die Plattform für das Abendessen anmelden. Ein 3-Gang-Menü findet sich um 26 Euro.