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In Österreich schlummert ein enormes Potenzial für Direktbanken. Einer Studie der Bankwissenschaftlichen Gesellschaft zufolge, die gestern veröffentlicht wurde, wächst die Kundenanzahl von derzeit rund 170.000 in den nächsten drei Jahren auf 550.000. Für 2012 sagt Studienautor Otto Lucius den Direktbanken sogar 1,4 Millionen österreichische Kunden voraus.
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Nach Lucius' Definition sind Direktbanken Spezialbanken ohne Filialen mit stark reduzierter und daher überschaubarer Produktpalette und günstigen Konditionen. So zahlt etwa die ING DiBa Direktbank Austria, die vor kurzem die Entrium Direktbank in Linz (ehemals Quelle-Bank) übernommen hat, für täglich fälliges Geld 2,5% Zinsen - ohne jegliche weitere Spesen. Bei den österreichischen Großbanken steht nicht einmal ein Einser vor dem Komma.
Die "easybank" bezeichnet Lucius als "unechte" Direktbank, da hinter ihr die Filialstruktur der BAWAG stecke. Klaus Oskar Schmidt, Mitglied des Vorstandes der DiBa in Frankfurt, betonte: "Wir sind eine Bank ohne Filialen, das heißt: mit geringen Kosten - und wir geben diese Kostenvorteile in Form von höheren Sparzinsen oder niedrigeren Kreditzinsen an unsere Kunden weiter." Diese können mit der Bank rund um die Uhr telefonisch, per E-mail oder brieflich kommunizieren. "Auch wenn es paradox klingt: Die Direktbank hat gerade in der unmittelbaren Kundenbetreuung einen echten Vorteil gegenüber dem Filialsystem zu bieten", sagte Schmidt.
Schon sieben Millionen Kunden in Deutschland
Die Bankwissenschaftliche Gesellschaft stützt sich bei ihrer Einschätzung für Österreich auf die Entwicklung in Deutschland. Dort sind bereits 7 Millionen Menschen Kunden von Direktbanken, davon über 4 Millionen bei der DiBa. Im Jahr 1997 war für den deutschen Markt ein langfristiges Potenzial von 15,3 Millionen erhoben worden.
Seit ihrem Markteintritt in Österreich vor vier Wochen hat die ING DiBa Direktbank Austria zu den "alten" Entrium-Kunden bereits mehr als 2.000 neue Kunden dazugewonnen. Der österreichische Markt sei ein "Rohdiamant", den es zu fassen gelte, sagte Schmidt. Er geht von einem durchschnittlichen Einlagenvolumen von rund 8.000 Euro aus. "Bei 250.000 Kunden wären das 2 Mrd. Euro", gibt er die Zielrichtung für die kommenden fünf Jahre vor.
Ein Girokonto will die DiBa in Österreich vorerst nicht in ihr Angebot aufnehmen, denn dafür bestehe kein Bedarf. Vorläufig bietet die DiBa ein einfaches Sparprodukt ("Direkt-Sparen") und auf der Sollseite günstige Konsumentenkredite an.