Die Branche boomt, immer mehr Österreicher vertrauen bei der Ernährung auf Ergänzungsmittel. Jeder Zweite hat im Vorjahr zumindest einmal so genannte Nährstoffsupplemente eingenommen. Ernährungswissenschafter warnen jedoch davor, die positive Wirkung solcher Pillen zu überschätzen.
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Offenbar ist der Glaube an die Ergänzungsmittel stärker als ihre tatsächliche Wirksamkeit, meint Petra Lehner von der Arbeiterkammer (AK). Ein Test mit 42 Produkten habe ergeben, dass diese Mittel "unnötig und teuer" seien. Wissenschaftlich sei nicht belegt, dass Vitamine und Mineralstoffe in Pillenform einen Gesundheitsnutzen bringen, betont die Ernährungsexpertin. Zumal der Trend zu "möglichst vielen verschiedenen Substanzen in einem Produkt" gehe, was physiologisch nicht unbedingt Sinn mache. Beispielsweise sei nicht nachvollziehbar, warum alle B-Vitamine in ein Kombipräparat gepackt würden, obwohl es bei älteren Menschen nur an B 12 mangelt. Ebenso sinnlos sei die Kombination von Zink und Eisen, konstatiert Lehner: "Beide Stoffe werden über das gleiche Transportsystem im Körper aufgenommen und behindern einander eher."
Vor allem stößt sich die AK-Expertin daran, dass oft der Eindruck erweckt werde, "normale" Lebensmittel wären nährstoffarm und müssten durch viel teurere Supplemente ergänzt werden. "Im Gegenteil enthält etwa ein Glas Orangensaft dreimal so viel Vitamin C wie ein Traubenzuckerlutscher". Der gleichen Ansicht ist Petra Rust vom Universitätsinstitut für Ernährungswissenschaften. "Der Normalverbraucher braucht so gut wie keine Ergänzungsmittel, wenn er sich gesund und abwechslungsreich ernährt." Beim hiesigen großen Angebot an Obst und Gemüse sollte dies eigentlich keine Schwierigkeiten bereiten. Rust rät dazu, saisonale Produkten zu bevorzugen und auch die Zubereitung zu variieren: "Vitamin C nimmt man besonders gut roh auf, am besten kombiniert mit eisenhaltigem Blattgemüse. Betakarotine hingegen sollte man eher mit etwas Fett dämpfen."