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Entführungen: Ermittlungen in Italien belasten die CIA

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Erste Zeugen zu CIA-Flügen vor dem EU-Parlament. | Ein Staatsanwalt liefert Details. | Brüssel. Der Ausschuss des EU-Parlaments zur Untersuchung der Aktivitäten des US-Geheimdienstes CIA in Europa hat am Donnerstag die ersten Zeugen gehört - darunter den Sonderermittler des Europarats, Dick Marty. Vor allem der italienische Staatsanwalt Armando Spataro ließ aber mit detaillierten Ermittlungsergebnissen über die Entführung eines ägyptischen Imams in Italien aufhorchen.


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Abu Omar war von den italienischen Behörden offiziell als politischer Flüchtling anerkannt worden. Am 20 Februar 2003 verschwand er spurlos. Spataro rekonstruierte haarklein den Tathergang: Eine Zeugin habe beobachtet, wie Omar von mehreren Männern mitten in Mailand in einen weißen Kleinlaster gezerrt worden sei. Im Mai 2004 habe er sich aus Kairo bei seiner Frau in Mailand gemeldet, und von Haft und Folter erzählt. Freigelassen worden sei er nur unter der Auflage, nichts über das Geschehene zu erzählen. Nur Tage nach dem Telefonat sei er wegen Verstoß gegen diese Auflage wieder verhaftet worden.

Nicht weniger als 10.718 Mobiltelefonate, die in der Gegend um den Entführungsort geführt wurden, habe die italienische Polizei inzwischen überprüft. 17 Telefonnummern seien als verdächtig identifiziert worden. Die meisten waren auf einen Namen zugelassen - dem offiziellen Besitzer war jedoch nichts davon bekannt. Aufwendige "Kreuzvergleiche" der betreffenden Handykarten führten in ein Mailänder Hotel, das vor allem von US-Amerikanern genutzt wird. Die Ermittler erstellten nach richterlichem Beschluss ein Zeit-Weg-Diagramm: Von Mailand aus konnte der Weg bis zu der von den USA genutzten Basis Aviano verfolgt werden. 15 Minuten vor der Ankunft in Aviano wurden zwei Telefonate mit dem örtlichen US-Kommandeur geführt, ein weiteres zu einer Festnetznummer in Virginia in den USA. Nach voneinander unabhängigen Überprüfungen sämtlicher Flugverbindungen sei klar geworden: Der einzig in Frage kommende Flug war von Aviano zur US-Basis Ramstein in Deutschland und von dort weiter in einem Gulfstream-Jet um nach Kairo gegangen. Der Besitzer des Jets habe bestätigt, dass er ihn an die CIA vermietet habe, schloss Spataro.