Ohne übersichtliche Neuaufteilung der Kompetenzen kann eine Verfassungsreform auch keine Einsparungen bringen. Dieser Ansicht ist zumindest der Präsident des österreichischen Verfassungsgerichtshofs (VfGH) Karl Korinek.
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Eine neue Kompetenzverteilung sei entscheidend, um die Staatstätigkeit effizienter zu gestalten, meinte Korinek gestern in einer Pressekonferenz anlässlich der bevorstehenden VfGH-Dezember-Session. Allerdings sei man in dieser Frage noch weit voneinander entfernt, "und das ist nicht nur ein Problem der politischen Lager".
Optimistischer gab sich der VfGH-Präsident, der im Konvent dem Ausschuss 2 (legistische Strukturfragen) vorsitzt, zum Thema Verfassungsentrümpelung: "Wir haben die zersplittertste, unübersichtlichste und daher auch unbekannteste Verfassung in der Welt." Es wäre schon ein gutes Ergebnis des Konvents, "wenn uns die Bereinigung gelingt", meinte Korinek auf Frage der "Wiener Zeitung".
Bei den sozialen Grundrechten bestehe Übereinstimmung, dass staatliche Gewährleistungspflichten in der Verfassung zu verankern seien. Allerdings gab Korinek zu bedenken, dass die Judikatur umso politischer werden könnte, je mehr gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Grundsätze in die Verfassung gelangen. Nicht einlassen wollte er sich auf eine Prognose, wie es um die Chancen auf eine Einigung im Konvent insgesamt bestellt ist. Es liege am Konventspräsidium, die vorhandenen "politischen Dissense" und "widersprüchliche Formulierungsvorschläge" aufzulösen und einen Endbericht zusammenzustellen.
Asylrecht ohne VwGH?
Innenminister Strassers Idee, die Prüfkompetenz des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) bei Asylrechtsbescheiden aufzuheben, begeistert Korinek nicht: Alle Verwaltungsbehörden sollten durch den VwGH kontrolliert werden - einzelne davon auszunehmen, sei ein "merkwürdiger Systembruch".
Dezember-Session
Im Dezember befasst sich der VfGH u.a. mit einer Wahlanfechtung in der Gemeinde Fieberbrunn und mit der Frage, ob Slowenisch als Amtssprache beim Bezirksgericht Klagenfurt zulässig ist.