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Zahlungen an 132.000 Opfer. | Steiner: Für viele die erste Geste. | Wien. Den Auftrag an die ehemalige Nationalbank-Präsidentin Maria Schaumayer, eine Entschädigung für frühere NS-Zwangsarbeiter zu verhandeln, hat Wolfgang Schüssel gleich in seiner ersten Regierungserklärung im Februar 2000 erteilt. Knapp sechs Jahre später ist dieses Kapitel der Vergangenheitsbewältigung praktisch abgeschlossen.
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Rund 132.000 Personen vor allem aus Ländern Mittel- und Osteuropas haben insgesamt 352,6 Millionen Euro als Entschädigung bekommen. Abhängig von der Art der Tätigkeit betrugen die Einzelzahlungen zwischen 1450 und 7630 Euro. Die niedrigste Kategorie galt für Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft. Den höchsten Betrag bekamen "Sklavenarbeiter", die unter Bedingungen wie in Konzentrationslagern festgehalten worden waren.
Abgewickelt wurden die Zahlungen vom Versöhnungsfonds, an dessen Spitze Schüssel mit Ludwig Steiner einen bewährten ÖVP-Politiker setzte.
100 Millionen Euro Rest
Am Montag tagte das Fonds-Kuratorium zum letzten Mal. Per Jahresende stellt der Fonds seine Arbeit ein. Von den insgesamt 470 Millionen Euro, die Bund, Länder und Wirtschaft in den Fonds eingezahlt haben, bleiben knapp 100 Millionen Euro übrig. "Es waren Schätzungen von Anfang an", kommentierte Steiner im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" die relativ große Differenz zwischen Dotierung und Auszahlungen. Ausgehend von statistischen Erhebungen sei die Zahl der noch lebenden Zwangsarbeiter ursprünglich mit 150.000 angenommen worden. Der Versöhnungsfonds versuchte dann, in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen in der Ukraine, Russland, Polen, Weißrussland, Tschechien und Ungarn möglichst viele ausfindig zu machen.
Der Großteil der verbleibenden 100 Millionen Euro wird für einen Zukunftsfonds und eine Stipendienstiftung verwendet, die den Ländern Mittel- und Osteuropas zu Gute kommen sollen. 20 Millionen Euro hat die Regierung für die Restitution von Arisierungs-Opfern umgewidmet. Finanzielle Zusagen an die Israelitische Kultusgemeinde sollten das Ende der letzten in den USA noch offenen Restitutions-Sammelklage beschleunigen.
Steiner wies zum Abschluss seiner Tätigkeit vor allem auf die menschliche Seite der Entschädigung hin: "Viele einfache Leute haben das erste Mal eine Geste gesehen, dass man an sie denkt." Der frühere Botschafter und Staatssekretär betonte aber auch die Bedeutung seiner Tätigkeit für Österreich. Erst in den vergangenen Jahren sei deutlich geworden, welche Bedeutung die Zwangsarbeiter für Österreich hatten. Dies betreffe die Versorgung mit Lebensmitteln in den Kriegsjahren genauso wie die Errichtung von Industrie und Infrastruktur.