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Entschärfte Alkoholstrategie der EU

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Folgeschäden von Alkoholmissbrauch begrenzen. | Keine neuen EU-Gesetze geplant. | Brüssel. Gesundheitskommissar Markos Kyprianou will am heutigen Dienstag ein Strategiepapier zur Reduzierung von alkoholbedingten Schäden in der EU bis 2012 vorstellen. Es gehe dabei nicht gegen "Alkohol als solches", und alkoholische Getränke sollen auch keineswegs "dämonisiert" werden, heißt es in dem der "Wiener Zeitung" vorliegenden Mitteilungsentwurf. Mit neuen EU-Gesetzen wird vorerst ebenso wenig gedroht. Es bleibt bei einem Appell an die Industrie und die Mitgliedsländer.


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Deren bisherige Maßnahmen gegen die Folgeschäden von Alkoholmissbrauch sollen analysiert und je nach ihren positiven Auswirkungen als Vorbild für andere EU-Staaten dienen können. Schon bisher gibt es in einigen Ländern wie Österreich die 0,0-Promille-Grenze für Fahranfänger oder Berufskraftfahrer, in anderen darf Alkohol erst ab 18 Jahren gekauft werden. Auch der Ausschank von alkoholischen Getränken an Betrunkene sollte überdacht werden. Von der Industrie wünscht sich die Kommission einen gemeinsamen Kodex für die Alkoholwerbung. Zur Koordination der Maßnahmen denkt Brüssel an eine Experten-Plattform für "Alkohol und Gesundheit". Bis zuletzt unklar blieb, wie sehr die Kommissare den Vorschlag von Warnhinweisen auf Bier- und Weinflaschen betonen wollen.

Gegen die Ideen der Kommission läuft vor allem die Brauerei-Lobby seit Monaten Sturm. Mit Hinweis auf die enorme wirtschaftliche Bedeutung der Branche und die Ungefährlichkeit maßvollen Alkoholgenusses verurteilte sie vorab jede Entmündigung des Konsumenten, die Anhebung von Altersgrenzen oder Werbeverbote. Die 416 Millionen in Europa gebrauten Hektoliter Bier brächten der europäischen Wirtschaft inklusive der Auswirkungen auf Zulieferer, Einzelhandel und Gastronomie 57,5 Milliarden Euro pro Jahr. 2,6 Millionen Arbeitsplätze seien davon abhängig. 39 Milliarden Euro Steuern bringe das EU-weit im Jahr, 825 Millionen in Österreich.

Hohe Folgekosten

Dem hält die Kommission entgegen, dass 7,5 Prozent aller krankheitsbedingten oder verfrühten Todesfälle in der EU auf Alkohol-Missbrauch zurückzuführen seien. In der Gruppe der 15- bis 29-jährigen Männer betrage der Anteil 25 Prozent. Das Londoner Institut für Alkoholpolitik beziffert die Folgekosten der 23 Millionen Alkohol-Abhängigen und 195.000 Todesfälle pro Jahr mit 125 Milliarden Euro oder 1,8 Prozent des BIP.

Dass die Kommission bei ihrer Alkohol-Strategie gegenüber früheren Plänen zurückgesteckt habe, sei "absurd", sagte Kyprianous Sprecher. Neue EU-Gesetze seien "nie geplant" gewesen.