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Entscheiden über Leben und Tod

Von Ina Weber

Politik

Ein Jahr Patientenverfügungsgesetz. | Pensionisten kritisieren hohe Kosten.


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Wien. Die Patientenverfügung ist weiblich. Dreiviertel der Patienten, die eine solche Verfügung abgeschlossen haben, sind zwischen 50 und 89 Jahre alt - davon sind 62 Prozent Frauen. Wer keine lebensverlängernde Maßnahme gesetzt haben möchte, kann seit einem Jahr eine Patientenverfügung errichten lassen - denn seit 1. Juni 2006 gilt das neue Gesetz. Drei Verfechter dieses "Meilensteins" zogen am Montag Bilanz: Der Präsident des Pensionistenverbandes Karl Blecha, der Vorsitzende der österreichischen Patientenanwaltschaft Gerald Bachinger und Pflege-Ombudsmann im Pensionistenverband Peter Mader.

Das Interesse der Bevölkerung sei groß. Die von den Patienten am häufigsten abgelehnte Behandlung sei die Magensonde. "Die künstliche Ernährung ist für viele eine Horrorvorstellung", sagte Bachinger zur "Wiener Zeitung". Jeder könne eine Patientenverfügung haben. Diese müsse allerdings konkret formuliert sein. "Einfach zu sagen, dass man nach einem Autounfall keine Wiederbelebung haben möchte, ist zu wenig konkret."

Insgesamt hat es 15.000 Anfragen bei der Patientenanwaltschaft gegeben - 700 verbindliche Verfügungen wurden bundesweit abgeschlossen. Dennoch habe das Gesetz Mängel, die möglichst rasch beseitigt werden sollten. Im Mittelpunkt stand dabei die Kritik an den anfallenden Kosten: Die Errichtung einer Verfügung kann bis zu 600 Euro kosten. "Das können sich Pensionisten nicht leisten", sagte Blecha. Er forderte die Errichtung ausschließlich und kostenlos bei der Patientenanwaltschaft. Die Beratung durch den Arzt sollten die Krankenkassen übernehmen.

Auch die regelmäßige Erneuerung der Verfügung sollte kostenlos sein. Laut Gesetz ist dies alle fünf Jahre erforderlich, wobei immer wieder die gleichen Kosten anfallen.

Viele Ärzte würden eine Beratung ablehnen. "Der Arzt muss die Urteilsfähigkeit feststellen und viele wollen diese Verantwortung nicht". "Zweidrittel der Patienten mussten wir zum Arzt zurückschicken, weil sie nicht gut beraten wurden", sagte Bachinger.

Wissen: Patientenverfügung

Die Patientenverfügung ist eine Willenserklärung, mit der ein Patient eine medizinische Behandlung, etwa künstliche Ernährung, ablehnen kann. Sie tritt aber erst in Kraft, wenn sich der Patient nicht mehr artikulieren kann. Die Behandlung muss ganz konkret beschrieben und die Einschätzung der Folgen dokumentiert werden.

Die verbindliche Patientenverfügung setzt eine kostenpflichtige, umfassende ärztliche Beratung voraus. Sie muss anschließend von einem Rechtsanwalt, Notar oder kostenlosen Patientenanwalt errichtet werden.

Die beachtliche Patientenverfügung kann vom Patienten selbst verfasst werden. Sie ist jedoch von Ärzten umso mehr zu beachten, je eher sie die Voraussetzungen einer verbindlichen Patientenverfügung erfüllt.

Das Formular ist bei der NÖ Patientenanwaltschaft (http://www.patientenanwalt.com) erhältlich.