Immer noch liegen die amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Al Gore und George Bush in der Wählergunst fast gleichauf. Auch die dritte Runde der TV-Debatten konnte keine klare Vorentscheidung bringen. Gore versuchte sich am Dienstag als "Macher" zu präsentieren, Bush als "Vermittler".
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Die TV-Duelle der amerikanischen Spitzenkandidaten Bush und Gore werden häufig in der Sprache des Boxsports kommentiert, und das hat seine Berechtigung. Denn wie bei dem in den USA so populären Faustkampf sitzen auch hier Millionen Zuseher vor den Fernsehschirmen, drücken ihrem Favoriten den Daumen, und wollen einen der Kombattanten möglichst in die Knie gehen sehen. Vergebens. Weder Bush, noch Gore, gelingt der entscheidende Punch. Auch die dritte Runde am Dienstag in der Sporthalle der Universität St. Louis brachte keine eindeutige Entscheidung: Die beiden Anwärter auf das Präsidentenamt umkreisten einander in Erwartung einer Unachtsamkeit des Gegners, lieferten sich wohl auch heftige Schlagabtäusche - am Schluss stehen die Punkterichter und Kommentatoren vor der schwierigen Aufgabe, einen Sieger ermitteln zu müssen.
Al Gore als Macher
Diesmal hatte, laut Gallup-Blitzumfrage unter Zusehern, der Demokrat Al Gore die Nase vorn, wenn auch nur hauchdünn (siehe Grafik). Es gelang ihm nach einer schwachen zweiten Runde am 11. Oktober, in der er zu verkrampft und passiv agierte, seine Routine etwas besser zur Geltung zu bringen. Al Gore stellte sich als Macher dar, der wisse, wovon er rede, und seine Versprechen halte. Er verwies vor allem auf die Erfolge der demokratischen Regierung unter Clinton. Dann warf er Bush vor, mit seinen Steuererleichterungen nur das reichste Prozent der Amerikaner begünstigen zu wollen. George W. Bush Junior konterte, bezichtigte Gore, einen aufgeblähten Regierungsapparat aufbauen zu wollen und Budgetüberschüsse zu verschwenden.
Bush, der Vermittler
Um in außenpolitischen Sachfragen möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten und sich keine schmerzhaften Treffer zuzuziehen, verfolgte Bush eine bereits erprobte Taktik: Er lobte Präsident Bill Clintons derzeitige Vermittlungspolitik im Nahen Osten und attackierte auch außenpolitische Entscheidungen der Vergangenheit kaum. Bush bemängelte lediglich, dass die US-Militärpolitik in den letzten Jahren zu verschwommen geworden und kein klares Ziel mehr erkennbar sei. Bush präsentierte sich oft als texanischer Außenseiter in Washington, was ihm die Möglichkeit gebe, Demokraten und Republikaner zu einen.
Die Mehrheit der Amerikaner sieht in Bush den Sympatischeren, in Gore den Mann mit mehr Sachwissen. Der 7. November wird zeigen, was den Amerikanern mehr wert ist.