Bildungsministerin Elisabeth Gehrer stellte gestern klar, wie sie das von den Bildungssprechern Werner Amon (V) und Karl Schweitzer (F) geforderte Aufnahmeverfahren für die AHS sieht: Mittels eines "Prognoseverfahrens" sollen "wichtige Entscheidungshilfen für Eltern" gegeben werden, "die Verantwortung bleibt bei den Eltern". Erleichtert darüber zeigten sich sowohl die Grünen als auch die SPÖ, wenngleich Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl noch Klarstellungen von den Regierungsspitzen forderte. Denn auch bei den Studienbeiträgen habe Gehrer erklärt, dass diese nicht kämen.
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Ihr gehe es nicht um die Umleitung von Schülerströmen von der AHS in die Hauptschulen, betonte die Bildungsministerin in einer Pressekonferenz. Allerdings sollte genau geprüft werden, ob die Kinder auch wirklich für die AHS geeignet seien. Einziges Kriterium für den Übertritt nach der Volksschule in die AHS bleibe weiterhin das Zeugnis der 4. Klasse. Schon jetzt müssten Kinder mit einem 3er in einem Gegenstand eine Aufnahmeprüfung ablegen, sagte Gehrer.
Aber: "Eine ständige Überforderung der Kinder führt zu Frust". Daher seien eben die "Prognoseverfahren" angedacht. Die Volksschullehrer sollen Standards erhalten, was die Kinder am Ende der vierten Klasse "in Lesen, Rechnen und Deutsch" können müssen. Wenn Kinder in allen Fächern Einser haben, werde wahrscheinlich auch kein Gespräch notwendig sein, ansonsten sollte das "Prognoseverfahren" zur Anwendung kommen. Flächendeckend werde sicher nicht vorgegangen.
Auch eine gesetzliche Regelung hält Gehrer für entbehrlich. In einem Entschließungsantrag könnten aber Leistungskriterien für das Ende der Volksschulzeit und ähnliches festgelegt werden. Sie trete auch dafür ein, dass Bildungsangebote von allen Parteien getragen werden.
Im übrigen verwies die Bildungsministerin auf die hohe Durchlässigkeit des österreichischen Bildungssystems, wo man mit einem Lehrabschluss eine Berufsreifeprüfung ablegen und dann studieren könne. Die Hauptschule sei also noch keine endgültige Entscheidung.
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl zeigte sich zwar erleichtert darüber, dass aus dem Aufnahmeverfahren" nun ein "Beratungsverfahren für Eltern" geworden ist, sie fordert allerdings eine diesbezügliche Klarstellung auch der Regierungsspitzen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Vizekanzlerin Riess-Passer. Denn Gehrer habe auch bei den Studiengebühren versprochen, dass diese nicht kämen.
Die SPÖ bestehe nicht mehr auf dem klassischen Modell der Gesamtschule, da eine ideologiefreie Diskussion darüber in Österreich nicht möglich sei. Sie wünscht sich eine umfassende Diskussion über Fördermodelle. Derzeit gebe es de facto bereits eine gemeinsame Schule der 10- bis 14jährigen. In den Ballungszentren seien das die AHS im ländlichen Raum eben die Hauptschulen. "Die Abstimmung findet mit den Füßen statt", sagte Kuntzl, die darauf verwies, dass Eltern für ihre Kinder immer die besten Bildungschancen wünschten.
Sorge äußerte Kuntzl auch über angebliche Pläne der ÖVP, ein Schulgeld für alle Schulen außerhalb der Pflichtschulen zu verlangen.
Die Grünen zeigten sich ebenfalls über das Einlenken Gehrers erfreut. Unverständlich sei nur, warum Gehrer noch immer glaube, dass über die weitere Entwicklung von 10jährigen Prognosen erstellt werden könnten, erklärte Bildungssprecher Dieter Brosz.