Vertrauen in Intelligenz der Wähler | Es besteht die Möglichkeit, dass der dritte Listenplatz auf dem Stimmzettel zur Nationalratswahl leer bleibt. Das ist dann der Fall, wenn sich eine im Nationalrat vertretene Partei nicht an der Wahlwerbung beteiligt. Wie ist das zu verstehen - schließlich werben ja sowohl FPÖ als auch BZÖ? Ein freier Platz würde besagen, dass weder FPÖ noch BZÖ als Nachfolgerin der FPÖ von 2002 anerkannt wird. Der Stimmzettel hieße dann vermutlich: Liste 1 ÖVP, Liste 2 SPÖ, Liste 3 leer, Liste 4 Die Grünen, Liste 5 BZÖ, Liste 6 FPÖ, Liste 7 KPÖ, Liste 8 Martin.
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Das wiederum widerspricht der Entscheidung des Ministerrates, dass das BZÖ anstelle der FPÖ einen Sitz in der Bundeswahlbehörde erhielt. Durch zwei Rechtsgutachten, die dieser Entscheidung zugrunde lagen, wurde die Gretchenfrage eigentlich schon gelöst, nämlich: "Ist die FPÖ oder das BZÖ die FPÖ 2002?"
Wenngleich das Ganze natürlich so einfach nicht ist. Denn vor jeder Wahl konstituieren sich die Parteien - und zwar alle - neu. Daher spricht der Gesetzgeber auch häufig von der wahlwerbenden Partei, die nicht unbedingt völlig ident sein muss mit der im Nationalrat vertretenen politischen Partei. Aber diese Differenzierungen können wir getrost den Juristen überlassen.
Tatsache ist, dass das BZÖ die Frage der Rechtsnachfolge bereits in einem Punkt für sich entscheiden konnte. Eine "Liste 3 FPÖ" wäre dazu genauso ein Widerspruch wie "Liste 3 leer". Damit wäre nämlich die Ministerratsentscheidung ad absurdum geführt.
Was aber wäre wenn? Da die Teilnahme an der Wahl ein Alter von 18 Jahren voraussetzt, sollte man davon ausgehen, dass der Nationalrat von mündigen Bürgern gewählt wird. Die Gefahr, dass dennoch sehr viele "leer" wählen würden, wäre sicherlich gegeben. Vielleicht böte gerade diese Leerzeile all jenen, die ohnehin ungültig gewählt hätten, Platz zum Protest.
Natürlich könnte es auch sein, dass so mache Partei auch mit einer gewissen Redundanz rechnet. Denn seit 1959 steht die "Freiheitliche Partei Österreichs" konstant auf Liste 3. Und diesmal gibt es noch dazu gleich zwei freiheitliche Parteien. Das alles stellt eine gewisse Herausforderung an die Intelligenz der Wählerschaft.
ÖVP und SPÖ haben darin schon Erfahrung gesammelt, war ihre Reihung auf Liste 1 seit 1945 doch eine wechselnde.
Möglich wäre noch, dass die FPÖ zusätzlich zu all dem anderen Unbill - Verlust der Beisitzer in der Wahlbehörde, Verlust der Wahlbeisitzer, Verlust des dritten Listenplatzes, Teilen des Namens mit dem BZÖ - einen Wettbewerbsnachteil bei den Plakaten anficht. Schließlich belehrt die ÖVP auf ihren Plakaten schon seit Wochen, dass die Wähler bei Liste 1 ein Kreuzerl machen sollten.
Nett ist noch die Abkürzung für Hans-Peter Martin: MATIN. Das ist kein Fehler. Die Kurzbezeichnung darf nämlich aus nicht mehr als fünf Buchstaben" bestehen. Aber immerhin hat er damit ein Zeichen des Aufbruchs gesetzt: Morgen.