Linkspartei bangt um Einzug ins Landesparlament. | SPD schickt Newcomer Schäfer-Gümbel ins Rennen. | Wiesbaden/Wien. Insgesamt 15 Mal werden deutsche Wahlbürger heuer zu den Urnen gerufen. Neben zahlreichen Entscheidungen auf Kommunal- und Landesebene werden im September im Bundestag die Karten neu verteilt. Den Auftakt zum Superwahljahr 2009 macht das nordwestlich von Bayern liegende Bundesland Hessen.
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Dort droht der SPD dieses Wochenende ein Debakel; die Sozialdemokraten könnten das schlechteste Ergebnis in der Nachkriegsgeschichte einfahren. Nach den letzten Meinungsumfragen würden Hessens Rote von 36,7 Prozent auf unter 25 Prozent abrutschen. Strahlender Sieger ist laut Prognosen der amtierende Ministerpräsident Roland Koch von der CDU. Er kann mit knapp über 40 Prozent der Stimmen rechnen, einer Mehrheit gemeinsam mit der FDP würde dann nichts mehr im Wege stehen. Die Freidemokraten können, ebenso wie die Grünen, mit etwa 13 Prozent der Stimmen rechnen. Die Linke liegt bei etwa fünf Prozent, womit nicht sicher ist, ob die umstrittene PDS-Nachfolgepartei überhaupt den Einzug ins Landesparlament schaffen wird.
Bemerkenswert an dem prognostizierten Wahlausgang ist vor allem die Wiederkehr Kochs, der bei den Wahlen vor einem Jahr zwölf Prozentpunkte eingebüßt und die absolute CDU-Mehrheit verspielt hatte. Der Konservative demonstrierte damals Kompromisslosigkeit und hatte unter anderem härtere Sanktionen für jugendliche Straftäter gefordert - eine Haltung die beim Wähler nicht ankam.
Andrea Ypsilanti, SPD-Parteichefin und Siegerin der Wahl, meldete - mit einer knappen linken Mehrheit von SPD, Grünen und Linkspartei im Rücken - den Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten an und scheiterte. Ypsilanti wollte eine rot-grüne Koalition unter Duldung der Linkspartei, eine gewagte Variante, die sie innerparteilich nicht durchsetzen konnte. Die Wähler haben der ehemaligen Stewardess insbesondere nicht verziehen, dass sie einen Pakt mit der Linken vor der Wahl ausgeschlossen hatte.
Damit war Koch, der nach der Wahlniederlage innerhalb der CDU an Bedeutung verloren hatte, nicht nur wieder im Rennen, sondern konnte aus der Pole-Position starten. Als geläuterter Wahlkämpfer vermied er diesmal starke Worte und zog sich auf die Rolle des besonnen Staatsmannes zurück, dem die Bürger in Zeiten der Krise vertrauen könnten. Koch versprach erst am Freitag im Hessen-TV, als seriöser Mann nichts versprechen zu können. Allerdings werde er um jeden Arbeitsplatz kämpfen, für stabile politische Verhältnisse und damit für neue Hoffnung sorgen.
Grenzenloser Optimist
Der Wähler honoriert offenbar die neue Haltung des Ministerpräsidenten. Dazu kommt, dass Ypsilanti in Hessen den Fraktionsvorsitz zwar noch innehat, mit Thorsten Schäfer-Gümbel aber einen politischen Neuling ins Rennen schickte. Der anfangs gänzlich unbekannte 39-Jährige tritt mit dem Kürzel "TSG" auf und versucht die Wähler mit scheinbar grenzenlosem Optimismus auf seine Seite zu ziehen. Zu Beginn musste Schäfer-Gümbel vor allem wegen seines Namens und seines Aussehens diverse Schmähungen wie "Mümbel" und "Dümbel" über sich ergehen lassen und wurde seiner auffälligen Brille wegen verhöhnt.
Mittlerweile bescheinigt man dem Newcomer, dass er seine Sache gar nicht so schlecht mache und den anfänglichen Abstand zur CDU sogar verringert habe. Ein Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei schließt der SPD-Wahlkämpfer, der Ypsilanti wahrscheinlich beerben wird, nicht aus. Eine derartige Zusammenarbeit ist nach dem Stand der Dinge aber ohnedies unwahrscheinlich.