)
Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, empfiehlt sich eine entsprechende vertragliche Gestaltung der Kompetenzen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der OGH entschied jüngst, dass die Geschäftsführertätigkeit eines Arbeitnehmers in einer Konzerntochter auf dessen betriebsverfassungsrechtliche Stellung in der Muttergesellschaft ausstrahlen kann. Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der klagende Arbeitnehmer war bei einer Muttergesellschaft in einem Konzern beschäftigt, übte dort aber faktisch keine Tätigkeiten aus, sondern wurde bereits im Dienstvertrag mit der Geschäftsführung einer ausländischen Konzerntochter betraut. Als der Arbeitnehmer von der Muttergesellschaft entlassen und später eventualiter gekündigt wurde, klagte dieser auf Feststellung, dass die Entlassung und die Kündigung rechtsunwirksam seien. Begründet wurde dies damit, dass ihm arbeitsverfassungsrechtlicher Kündigungs- und Entlassungsschutz zustehe. Die Gesellschaft bestritt dies mit dem Argument, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Organstellung beziehungsweise als leitender Angestellter kein Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsrechts sei und daher für ihn auch kein Kündigungs- und Entlassungsschutz greife.
Für den OGH kam es entscheidend auf die dem Kläger arbeitsvertraglich eingeräumten Befugnisse und die ihm bei der Tochtergesellschaft zustehenden Entscheidungskompetenzen an. Mit anderen Worten: Alleine aufgrund der formalen Organstellung des Arbeitnehmers der Muttergesellschaft bei der Tochtergesellschaft ergibt sich nach der Judikatur noch kein Wegfall des Kündigungs- und Entlassungsschutzes bei der Muttergesellschaft. Vielmehr muss nach Ansicht des Höchstgerichts eine materielle Betrachtung der Organstellung des Geschäftsführers vorgenommen werden. Entscheidend ist demnach, ob der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich dazu verpflichtet war, die Betriebsführungsfunktion als Geschäftsführer der anderen Konzerngesellschaft mit selbständiger Entscheidungsbefugnis für die Belegschaft und für die Betriebsmittel auszuüben. Dabei kommt es wesentlich auf die Entscheidungsbefugnisse im personellen Bereich an. Liegen diese Befugnisse vor, ist die Organstellung des entsendeten Arbeitnehmers bei der Tochtergesellschaft ein Ausschlussgrund für den Kündigungs- und Entlassungsschutz bei der entsendenden Muttergesellschaft.
Damit anerkennt der OGH, dass die arbeitsvertragliche Ausgestaltung der Befugnisse eines Arbeitnehmers in einer Konzerntochter auch auf die Konzernmutter als arbeitsvertragsrechtlichen Arbeitgeber ausstrahlen kann. Um unliebsame Überraschungen bei Entsendungen von Führungskräften zu vermeiden, empfiehlt sich daher eine entsprechende vertragliche Gestaltung der damit einhergehenden Kompetenzen.
Remo Sacherer ist Rechtsanwalt und Partner in der Kanzlei MOSATI Rechtsanwälte.
www.mosati.at