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Entspannung in Korea

Von Daniel Bischof

Politik

Süd- und Nordkorea einigen sich auf Entschärfung der Krise, die durch die Versorgungskrise in Nordkorea ausgelöst worden sein könnte.


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Wien/Seoul/Pjöngjang. Die verfeindeten Staaten Süd- und Nordkorea haben sich in der Nacht auf Dienstag auf eine Entschärfung der jüngsten Krise verständigt: Südkorea stellte seine gegen den Norden gerichtete Lautsprecher-Propaganda am Dienstag ein, während Nordkorea die Verletzung von zwei südkoreanischen Soldaten durch eine Landminenexplosion offiziell bedauerte.

Südkorea hatte seinen Nachbarn für die Explosion vor zwei Wochen verantwortlich gemacht und die Propaganda-Beschallung des Nordens durch an der Grenze stationierte Lautsprecher gestartet. Vergangenen Donnerstag beschossen einander beide Seiten mit Artillerie - es gab keine Verletzten. Drohungen und Provokationen folgten, am Freitag versetzte Nordkorea seine Armee in den "Quasi-Kriegszustand". Ein Teil der Einigung umfasst die Beendigung dieses Zustandes - zudem sollen Regierungsgespräche geführt werden, um die Eiszeit zwischen den Ländern zu beenden.

"Eine Verbesserung der Beziehungen liegt nicht in der Absicht der Beteiligten", sagt Norbert Eschborn im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Der Leiter des Auslandsbüros Korea der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Seoul meint, dass man sich fragen müsse, warum es überhaupt zu den Spannungen gekommen sei. "Nordkorea ist und bleibt unberechenbar. Aber gewisse Verhaltensmuster wiederholen sich", so Eschborn. Einerseits würden derzeit die jährlichen, gemeinsamen Militärmanöver zwischen den USA und Südkorea abgehalten werden, durch welche sich Nordkorea provoziert und bedroht fühle. Andererseits würde Nordkorea wieder einmal auf sich aufmerksam machen wollen, so Eschborn. Das passiere - unter anderem - immer dann, wenn die Versorgungslage im Land kritisch zu werden drohe.

"Durch die Trockenheit, die Nordkorea besonders stark getroffen hat, gibt es zahlreiche Ernteausfälle", sagt Eschborn, der Nordkorea diesen Frühsommer zuletzt besuchte. Auch die Energieversorgung sei höchst kritisch: Denn Nordkorea würde einen Teil seiner Energie von Wasserkraftwerken beziehen, die nun aufgrund der Dürre weniger Leistung liefern würden, so Eschborn. "Im Hotel fuhren die Aufzüge nicht, nachts wurde das Wasser abgestellt. Das habe ich in den letzten vier Jahren nicht erlebt."

Eschborn vermutet, dass Nordkorea den Süden dazu bringen will, wieder Hilfslieferung in das Land zu schicken - unter anderem durch Konzessionen wie in den Einigungsgesprächen.

40 bis 50 Prozent Ernteverlust

Bereits im Juni kursierten Meldungen über eine mögliche Hungerskatastrophe in Nordkorea. "Eine Fact-Finding-Mission von Hilfsorganisationen, der nordkoreanischen Regierung und der UNO in Nordkorea kam damals zum Ergebnis, dass es aufgrund der Dürre deutliche Ernteverluste geben würde. In den meisten untersuchten Gebieten wurden Einbußen von 40 bis 50 Prozent der Ernte vorausgesagt. Schon 2014 hat es weniger geregnet - deswegen waren 2015 viele Wasserspeicher bereits niedriger als sonst", sagt Simone Pott, Pressesprecherin der unter anderem in Nordkorea tätigen deutschen Hilfsorganisation Welthungerhilfe. Ob sich die Prognosen letztlich bewahrheiten würden, könne man erst nach der Erntezeit im September wissen, so Pott.

Durch den Zusammenbruch des Ostblocks und Fehler des nordkoreanischen Regimes war es Mitte der 1990er Jahre zu einer Hungerskatastrophe in Nordkorea gekommen. Laut neueren Schätzungen verhungerten damals zwischen 600.000 und einer Million Menschen.