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"Epidemie kommt nicht"

Von Eva Stanzl

Wissen

Experte Graninger entwarnt: Bakterien sind lange bekannt. | Am wirksamsten wäre selektiver Umgang mit Antibiotika. | Wien. Laut Weltgesundheitsorganisation ist die Schweinegrippe-Epidemie endgültig überstanden. Dafür überschlagen sich nun Meldungen zu einem neuen "Superbakterium" NDM-1, das selbst wirkungsvollen Breitband-Antibiotika ein Schnippchen schlägt. Rund 180 Infektionen wurden bisher gezählt. Am Wochenende gaben Ärzte in Brüssel den ersten Todesfall in Europa bekannt. Demnach ist ein aus Pakistan stammender Mann nach einer Infektion mit den multi-resistenten Bakterien verstorben.


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1942 startete in den USA die Massenproduktion von Antibiotika. Man glaubte, Bakterieninfektionen damit besiegt zu haben. Doch Bakterien vermehren sich rasch und können Mutationen in ihrem Erbgut weitergeben. So entwickeln sich Keime, gegen die Antibiotika keine Chance haben.

Bestimmte Bakterien, die vor allem in Spitälern vorkommen, enthalten nun ein Gen, das das Enzym Neu-Delhi-Metallo-Beta-Laktamase (NDM-1) bilden kann. Dieses Eiweiß ermöglicht es dem Bakterium, selbst Antibiotika vom Typ der Carbapeneme unschädlich zu machen - das sind Reserveantibiotika gegen schwere, sonst unbehandelbare Infektionen. Mehr noch: Ist ein resistenter Stamm einmal in den Körper eingedrungen - etwa im Zuge einer Operation -, kann eine weitere Gabe von Antibiotika sein Wachstum fördern, weil Konkurrenten dadurch ausgeschalten werden.

Explodierende Kosten für Gesundheitssystem

Forscher der Universität von Madras in Indien haben bei Patienten von Kliniken nach den Keimen geforscht. Vermutlich wurden sie von Patienten, die sich dort operieren ließen und Carbapeneme erhielten, aus Spitälern in Indien und Pakistan nach Europa eingeschleppt. Die Wissenschafter berichten von 37 Patienten in Großbritannien und 140 in Bangladesch, Indien und Pakistan. Sie warnen im Fachjournal "The Lancet" vor einer drohenden Epidemie: Symptome reichen von Blasenentzündungen über Darminfektionen bis zu mehrfachem Organversagen. Auch sehen sie explodierende Kosten für das Gesundheitssystem, wenn die aufkommende Gefahr dieser Erreger ignoriert würde.

Doch wie groß ist die Gefahr wirklich? Der Wiener Infektionsspezialist Wolfgang Graninger betont: "Es droht keine Epidemie. Das ist kein Virus wie die Grippe. Das Enzym NDM-1 ist harmlos - solche Phänomene gibt es laufend und die betreffenden Bakterien sind bekannt", sagt der Leiter der klinischen Abteilung für Infektionen am Wiener AKH.

Die Bakterien Escherichia coli und Klebsiella, die sich nun die Fähigkeit zur Produktion von NDM-1 einverleibt haben, bevölkern den Magen-Darm-Trakt. Infektionen verlaufen meist weitgehend harmlos.

Wann ein wirksames Medikament gegen die resistente Variante erhältlich sein wird, ist nicht absehbar. Graninger zufolge existieren zwei Wirkstoffe, die dagegen ankommen, allerdings seien diese nicht sehr gut verträglich.

Effizienter, als Millionen in die Medikamenten-Entwicklung zu stecken, wäre ein weniger freizügiger Umgang mit Antibiotika durch Spitalsärzte, sagt Graninger. Wenn Mediziner ständig Breitband-Antibiotika verschreiben, sei es nur eine Frage der Zeit, bis sich resistente Stämme entwickeln. Auch Hygiene und Quarantäne bei Infektionen seinen wirksam zur Bakterienbekämpfung.