Frau wird von ihrem eigenen Mann in einem Diebstahlprozess belastet. "Ich wollte ihr helfen", sagt er.
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Wien. Wenn der kleine Herr D. zum Kugelschreiber greift, wird er zum Mann der großen Worte. "Bitte, bitte, lass mich nicht noch einmal leiden. Es war wie im Paradies mit dir", schwärmte er in einem Liebesbrief an seine Frau B. "Ich verspreche dir, nie wieder in meinem Leben wirst du mich verlieren", erklärte er.
Solche lieblichen Worte sind am Dienstag in Saal 302 des Wiener Straflandesgerichts von Herrn D. nicht mehr zu hören. Zwischen ihm und B. kriselt es. Beide haben auf der Anklagebank Platz zu nehmen. Mehrere Automaten sollen sie in Wien aufgebrochen haben, um an die Geldkassetten zu gelangen. Ihnen wird Einbruchsdiebstahl und gewerbsmäßiger Diebstahl vorgeworfen.
Herr D. zeigt sich zu den Vorwürfen geständig, B. leugnet, dabei gewesen zu sein. Belastet wird sie aber von ihrem eigenen Mann. B. habe mitgemacht, sagt D. "Warum hat man dann nur Ihre DNA und Ihre Fingerabdrücke gefunden?", fragt Einzelrichter Thomas Spreitzer. "Sie hat meistens aufgepasst", antwortet D.
"Meine Mandantin hat sich nichts zuschulden kommen lassen", erklärt Irene Pfeifer, die Verteidigerin der Frau. B. werde von ihrem Mann belastet, weil dieser krankhaft eifersüchtig sei, so Pfeifer. "Er erwartet, dass ich mit ihm sitze, damit ich keinen anderen Mann nehme", erklärt B.
"Da haben Sie was eingefügt"
Immer wieder gerät das Paar aneinander, lautstark diskutieren sie. Mehrmals muss Richter Spreitzer eingreifen und für Ruhe sorgen. B., ein Italiener, und D. - eine Slowakin - sind seit 2008 verheiratet und haben ein gemeinsames Kind. Beide sind rauschgiftabhängig und mehrfach vorbestraft. "Wenn das mit den Drogen nicht gewesen wäre, würde ich nicht hiersitzen", sagt D., der zuletzt obdachlos war.
Warum er seine Frau da hineinziehe, fragt Richter Spreitzer. "Ich wollte, dass sie einen Schlussstrich zieht und mit den Drogen aufhört. Ich wollte ihr helfen", sagt D. Das stimme nicht, entgegnet B. Im Gefängnis - beide sitzen in getrennten Zellen in Untersuchungshaft - habe ihr D. einmal über den Hof etwas zurufen können. "Er hat gesagt, dass wir zusammen hierbleiben sollen", erklärt sie. "Ich sagte, dass ich mit ihm immer normal, nicht in Haft, zusammenbleiben will."
B. zeigt Spreitzer einen Liebesbrief von D. Ganz geheuer scheint dieser dem Richter aber nicht zu sein. "Da haben Sie ja was eingefügt, das ist eine andere Handschrift", rügt er B. an einer Stelle. Er liest dann aus dem Brief vor: "Wenn du weggehst, machst du alles kaputt. Du bist meine Frau, tu das für mich."
Zum Nachfragen bringt Spreitzer der Umstand, dass B. bei ihrer Festnahme zig Münzen bei sich hatte: "Woher haben Sie die?" "Vom Betteln", meint sie. Das Verfahren gegen die Frau wird abgetrennt - in der nächsten Verhandlung sollen noch ein Security und ein Entlastungszeuge, den B. beantragt hat, vernommen werden.
Bei D. ist die Sache spruchreif: Er wird -nicht rechtskräftig - zu einer unbedingten dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Neben dem gewerbsmäßigen Diebstahl und Einbruchsdiebstahl wird er auch wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt schuldig gesprochen, da er die Polizisten bei seiner Festnahme gerempelt haben soll. Eine spürbare Sanktion sei notwendig, da B. nach seiner letzten Verurteilung 2017 schnell rückfällig geworden sei, so Spreitzer.
Einer Haftstrafe könnte D. entgehen. Ihm kann nach Rechtskraft des Urteils ein Aufschub vom Strafvollzug gewährt werden, wenn er eine Entzugstherapie macht. Absolviert er diese auch positiv, muss das Gericht die unbedingte Haftstrafe in eine bedingte umwandeln.