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"Er geht es jetzt schon ein bisschen ruhiger an"

Von Reinhard Göweil

Politik

Martin Schlaff (59) wird als Letzter im U-Ausschuss aussagen.|Und zwar das, was eh schon alle wissen


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Wien. "Immerhin, er kommt wenigstens." Das ist der Tenor in Internet-Foren zur Ladung von Martin Schlaff in den U-Ausschuss. Er dürfte die letzte Auskunftsperson sein - und Auskunft wollen die Parlamentarier zu den Ost-Engagements der Telekom Austria. Der ob seines Reichtums, seiner Aktivitäten und vielfältigen Kontakte als "geheimnisumwittert" eingestufte Schlaff wird den Abgeordneten - so viel darf vermutet werden - wenig Neues erzählen. Denn bei der Befragung wird es um den Verkauf einer bulgarischen Mobilfunk-Beteiligung (Mobiltel) an die Telekom im Jahr 2005 gehen, um die (gescheiterte) Übernahme der serbischen Mobtel und vielleicht auch um die weißrussische Velcom.

Warum Schlaff mit der Telekom Austria gut im Geschäft ist, wurde bereits 2007 im Bankenuntersuchungsausschuss behandelt. Denn in allen Engagements war die damalige Hausbank Schlaffs, die Bawag, involviert. Der Netzwerker war - so die Erkenntnis - bei diesen Engagements eine Art "Eisbrecher". Er, der private Geschäftsmann, kaufte von damals zwielichtigen Oligarchen Mobilfunk-Unternehmen, strukturierte sie und verkaufte sie später mit Gewinn weiter. "Wir hätten als Unternehmen der ÖIAG niemals Deals mit solchen Leuten machen können", sagte damals Telekom-Chef Heinz Sundt, aktuell wegen Verdachts der Untreue angeklagt. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs entstanden in Osteuropa Firmenkonglomerate, deren Eigentümer bestenfalls als dubios zu bezeichnen waren. Schlaff (und seine Treuhänder Josef Taus und Herbert Cordt) kauften die serbische Mobtel um 800 Millionen Euro vom serbischen Geschäftsmann Bogoljub Karic, der 2006 zur Verhaftung ausgeschrieben wurde. In Bulgarien hieß der Verkäufer Tschernoi, er konnte wegen Geldwäscheverdachtes nicht nach Österreich einreisen. In Weißrussland war ein syrischer Geschäftsmann Verkäufer. Die Telekom Austria wollte in diese Länder expandieren, aber wie? Die Lösung: Martin Schlaff.

Kaufmännisches Talent

Denn der 59-Jährige, dessen Vermögen auf zwei Milliarden Euro geschätzt wird, bewegt sich wie kein Zweiter im Graubereich von Politik und Wirtschaft. Ausgestattet mit kaufmännischem Talent und Geschick. Sein verstorbener Vater, Holocaust-Überlebender, blieb nach der Flucht aus Polen in Wien und baute einen Holzhandel auf. Sohn Martin erweiterte die Handelstätigkeit. Er war in den 1990ern einer der Wiener "Osthändler", die aus Wien mit der DDR Geschäfte machten, weil die BRD dies offiziell nicht durfte. Heute kontrolliert er den RHI-Industriekonzern.

Seine privaten Kontakte in hohe israelische Politkreise (zur Familie Sharon und zu Außenminister Avigdor Lieberman) nutzte er perfekt. Als Wolfgang Schüssel 2000 die FPÖ in die Regierung holte, zog Israel seinen Botschafter ab. Es war Schlaff, der den Boden zur Rückkehr bereitete. Und er war es, der 1998 mit den Casinos Austria das Casino Jericho auf palästinensischem Boden initiierte. Es wurde mit Beginn der Intifada nach nicht einmal zwei Jahren geschlossen. Das Gebäude steht, Schlaff ist nach wie vor beteiligt - im Friedensfall könnte es jederzeit wieder aufsperren.

Auch diesen Deal finanzierte die Bawag. Deren Ex-Chef Helmut Elsner hält Schlaff bis heute die Treue, bezahlte dessen Kaution und auch - so ist zu hören - die Anwaltskosten. Auch am griechischen Casino Loutraki der Casinos Austria (derzeit ein veritabler Verlustbringer) ist er beteiligt.

Er brachte 2010 (in seinem Jet) aus Libyen einen Israeli heim, der dort der Spionage angeklagt war. Und er war in die Befreiung der bulgarischen Krankenschwestern aus Libyen involviert.

Seit seiner Heirat 2008 mit Barbara König hat er sich geschäftlich eher zurückgehalten. "Der Martin geht es jetzt ein bisschen ruhiger an", sagt ein Freund. "Er gackert halt nicht über ungelegte Eier", formuliert es der Sprecher seiner MS-Stiftung. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn stehen vor der Einstellung. Kommenden Donnerstag steht er vor dem U-Ausschuss. Er wird sich wohl schon mehr gefürchtet haben . . .