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Strasser habe Geheimdienstverdacht schon 2010 geäußert.
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Wien. Tag fünf im Korruptionsprozess gegen Ex-Innenminister Ernst Strasser ging vor allem der Frage nach, wann der frühere Politiker seinen Mitarbeitern gegenüber den Verdacht geäußert hatte, von einem Geheimdienst verfolgt zu werden. "Im Herbst 2010", erklärte eine frühere Assistentin Strassers im Zeugenstand. Ihr damaliger Chef habe im Vorbeigehen auf einen Zettel gekritzelt, "dass wir abgehört werden". Sein Verhalten sei "fast schon paranoid" gewesen.
Eine andere Zeugin - insgesamt waren fünf junge Frauen geladen - wiederum erklärte, das sei "zur Zeit der Aschewolke", also im Frühjahr 2010, gewesen (damals brach der isländische Vulkan Eyjafjallajökull aus). Einig waren sich die Zeuginnen jedenfalls darin, dass es noch vor dem Aufkommen der Affäre im Frühjahr 2011 war. Damit bestätigten sie die Aussage ihres früheren Chefs. Unklar bleibt aber, wieso Strasser zwar seine Mitarbeiter informiert, jedoch bei einem Treffen mit dem Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Peter Gridling, im November 2010 kein Wort darüber verloren hatte, wie dieser am Dienstag im Zeugenstand erklärte.
Strasser beharrt ja auf seiner Version, dass er in jenen Journalisten, die sich als Lobbyisten ausgaben, Geheimagenten vermutet habe, und zwar amerikanische. Bei einem weiteren Treffen mit Gridling im April 2011 habe Strasser ihn "um Rat gebeten", weil er Annäherungen des russischen Geheimdienstes fürchtete, sagte Gridling aus.
Dass sich Strasser dem BVT-Chef nicht anvertraut hatte, erklärte der Ex-Innenminister vorige Woche mit seinem Misstrauen gegenüber den Verfassungsschützern, die ihn schon früher ausgelacht hätten.
EU-Parlamentarier Karas am Donnerstag im Zeugenstand
Eher unprofessionell sollen auch die Korruptionsermittler gegenüber einer Auskunftsperson reagiert haben. So erklärte eine Zeugin, sie habe den Beamten damals erklärt: "Ernst Strasser ist ein guter Mensch - da haben sie gelacht."
Neben dem Geheimdienstverdacht drehten sich die insgesamt sehr kurzen Befragungen um die jeweiligen Tätigkeiten der Assistentinnen. So habe eine zu der vermeintlichen Lobbying-Firma Bergman & Lynch recherchiert, wobei ihr auffiel: "Die Homepage war etwas merkwürdig, komisch. Da waren keine Fotos oder Namen von Ansprechpersonen. Keine Informationen."
Ein weiteres Thema waren die Nachfragen Strassers bei seinen Kollegen im EU-Parlament bezüglich Änderungsanträgen, etwa bei der Anleger-Entschädigungsrichtlinie. Das wird auch kommenden Donnerstag Thema sein, wenn Strassers damaliger Parteikollege und Nachfolger als Leiter der ÖVP-Delegation in Brüssel, Othmar Karas, in den Zeugenstand tritt.