Kündigung des Steuerabkommens hat Auswirkungen auf Österreicher. | Zweitwohnsitze, Auslandssemester sind heikel. | Wien. Die Entscheidung der österreichischen Regierung, die Erbschaftssteuer per 31. Juli 2008 ersatzlos auslaufen zu lassen, hat in Deutschland wenig Freude ausgelöst. Um eine Steuerflucht nach Österreich zu verhindern, hat die deutsche Regierung vor kurzem das Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich im Bereich Erbschaftssteuer aufgekündigt. Wirksam wird diese Aufkündigung mit Auslaufen der österreichischen Erbschaftssteuer.
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Dass die Aufkündigung auch Rückwirkungen auf Österreicher haben kann, ist bisher noch kaum bekannt. Betroffen sind Österreicher, die zum Zeitpunkt einer Erbschaft einen Wohnsitz in Deutschland haben oder die Vermögen in Deutschland erben oder vererben.
Am heikelsten ist wohl die Frage des Wohnsitzes: Österreicher, die ab nächsten August eine Wohnung in Deutschland mieten oder kaufen, fallen sofort voll unter die deutsche Erbschaftssteuer - und zwar solange ihnen der Wohnraum zur Verfügung steht. Ob sie tatsächlich darin wohnen oder sich überhaupt in Deutschland aufhalten, ist unerheblich, erläutert Margit Widinski, Steuerexpertin bei der BDO Auxilia.
"Dramatische Folgen"
Ein Österreicher, der also eine Mietwohnung in München nimmt, um etwa ein Auslandssemester an der Universität zu absolvieren, kann eine böse Überraschung erleben: Erbt er nämlich während dieser Zeit etwas, fällt das gesamte Vermögen unter die deutsche Erbschaftssteuer.
Ob sich das Vermögen in Österreich oder anderswo befindet, ist für die Steuerpflicht ohne Bedeutung. Dasselbe gilt übrigens auch, wenn der Österreicher selbst zum Erblasser wird, indem er verstirbt. Seine Erben müssen dann an den deutschen Fiskus Erbschaftssteuer abführen. Gleiches gilt auch für Österreicher, die über einen Zweitwohnsitz (etwa ein Ferienhaus) in Deutschland verfügen. Allein diese Tatsache reicht aus, um das gesamte Vermögen einer Erbschaft in Deutschland steuerpflichtig zu machen. "Da kann es in Einzelfällen zu dramatischen Folgen kommen", sagt Widinski.
Nicht einmal ein Mietverhältnis ist erforderlich: Wer etwa bei Verwandten in Deutschland gratis ein Zimmer für einen längeren Aufenthalt zur Verfügung gestellt bekommt, fällt ebenso unter die Steuerpflicht wie jemand, der mehr als 183 Tage in Deutschland (etwa in einem Hotelzimmer) verbringt.
Einige Neuerungen gibt es auch, wenn weder Erbe noch Erblasser einen Wohnsitz in Deutschland haben, die Erbschaft aber in Deutschland befindliches Vermögen betrifft. Schon bisher fielen hier Grundstücke oder Betriebsvermögen unter die deutsche Erbschaftssteuer.
Neu ist allerdings, dass in Zukunft unter anderem auch Anteile ab 10 Prozent an deutschen Kapitalgesellschaften, Wirtschaftsgüter, die an einen deutschen Gewerbebetrieb vermietet oder verpachtet wurden oder Hypotheken, die durch deutsches Grundvermögen besichert wurden, in Deutschland erbschaftssteuerpflichtig sind.
In Deutschland wurde, ebenso wie in Österreich, die Erbschaftssteuer vom Höchstgericht wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben. Anders als in Österreich will die deutsche Regierung aber die Steuer reparieren, und hat dafür bis Ende 2008 Zeit. Derzeit verhandelt die große Koalition in Berlin über eine Reform - bisher ohne Ergebnis.