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Erbgut schützt vor Ebola

Von Eva Stanzl

Wissen

Wer überlebt die Krankheit? Die Fähigkeit dazu wurzelt in den Genen, zeigten Forscher an Mäusen.


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Wien. Ebola verläuft zumeist tödlich. Höchstens die Hälfte der derzeit in Afrika infizierten Menschen könnte mit dem Leben davonkommen, wahrscheinlich weniger. Der britische Krankenpfleger William Pooley schüttelte die Erkrankung innerhalb von zehn Tagen ab und ist nun, wie alle Überlebenden, gegen das Virus immun. Dies ist nicht das einzige Merkmal, das ihn von anderen Menschen unterscheidet: US-Forscher haben entdeckt, dass die Fähigkeit, Ebola zu überstehen, im Erbgut wurzelt.

Ausgangspunkt der Systembiologin Angela Rasmussen und des Virologen Michael Katze vom Institut für Mikrobiologie der Universität Washington war der unterschiedliche Krankheitsverlauf. Manche Menschen stecken sich nämlich nicht an. Andere erleiden nur moderate Symptome und werden rasch gesund. Wieder andere genesen wie durch ein Wunder, nachdem sie schwere Symptome ertragen mussten. Mindestens die Hälfte erleidet innere Blutungen und stirbt an multiplem Organversagen - Ebola verläuft in 50 bis 90 Prozent der Fälle tödlich.

Studie im Hochsicherheitstrakt

"Frühere Studien haben gezeigt, dass diese Variabilität nicht auf spezifische Veränderungen im Virus, sondern auf die Reaktionen des Körpers zurückzuführen ist", so die Forscher. Sie haben nun erstmals das Erbgut von Mäusen untersucht, um die Rolle der DNA im Krankheitsverlauf zu prüfen.

Eine Gruppe genetisch unterschiedlicher Versuchstiere, die ursprünglich der Grippeforschung zugeführt werden sollte, wurde mit einer Maus-Variante des in Westafrika grassierenden Erregers infiziert. Die Studie sei in einem Hochsicherheitslabor gemäß US-Regelungen durchgeführt worden, das Virus sei in der Forschung erprobt, so Rasmussen und Katze. Schon in den ersten Tagen der Infektion verloren alle Mäuse Gewicht. 19 Prozent der Tiere erreichten innerhalb von zwei Wochen wieder ihr Normalgewicht und zeigten keine pathologischen Symptome. 11 Prozent erkrankten, die Hälfte davon starb.

Von den restlichen 70 Prozent der Tiere erlag mehr als die Hälfte dem Virus, wobei die Symptomatik unterschiedlich verlief. Bei 19 Prozent stellten sich Leberentzündungen ohne klassische Symptome des hämorrhagischen Fiebers, bei 34 Prozent charakteristische innere Blutungen ein.

Laut den Forschern liegen die verschiedenen Reaktionen an unterschiedlichen genetischen Voraussetzungen. "Die Häufigkeit der Krankheit im Erbgut der sequenzierten Mäuse korreliert mit den Eckdaten des Ebola-Ausbruchs", so Rasmussen: "Unsere Daten legen nahe, dass Erbgut-Faktoren für den Ausgang der Krankheit wesentlich sind."

Normalerweise führt eine Virusinfektion zum Tod, wenn sie jene Gene mobilisiert, die Blutgefäße entzünden und den Zelltod auslösen. Im Erbgut der überlebenden Mäuse fanden die Forscher jedoch eine erhöhte Aktivität in Genen, die Blutgefäße reparieren und weiße Blutzellen zur Bekämpfung von Infektionen erzeugen. Auch spezielle Leberzellen könnten die Ausbreitung des Virus bremsen, um einer Entzündung des gesamten Systems entgegenzuwirken. Dies würde erklären, warum manche Mäuse an Leberentzündungen litten, jedoch nicht an üblichen Ebola-Symptomen. Die Resultate könnten die Basis werden für genetische Marker für Resistenzen, aus denen Arzneien gegen mehrere Ebola-Erreger resultieren könnten.

Test eines Impfstoffs

Deutsche Mediziner der Uniklinik Tübingen wollen kommende Woche im afrikanischen Gabun mit dem klinischen Test eines möglichen Impfstoffs beginnen. Die erste Phase solle zeigen, welche Dosis Freiwillige vertragen, sagte der Direktor der Tübinger Tropenmedizin, Peter Kremsner. Es ist eine von vier Studien zu dem Impfstoff weltweit. Aus Gabun ist derzeit kein Ebolafall bekannt, die Daten sollen die Impfreaktion der afrikanischen Bevölkerung zeigen.

Experten thematisieren von heute bis Montag den Ebola-Ausbruch bei der "Internationalen Konferenz über neue Infektionskrankheiten" in Wien. Unter anderem wird ein "One-Health-Modell" vorgestellt, wonach die Gesundheit des Menschen mit der Gesundheit von Tier und Umwelt zusammenhängt. "Ebola wurde von Flughunden übertragen, die durch Rodungen ihren Lebensraum verloren", sagt Britta Lassmann von der Internationalen Gesellschaft für Infektionskrankheiten. Über die Ausbreitung gibt die Homepage www.promedmail.org Auskunft.

"Bisher waren wir gegenüber Ebola in der Defensive. Jetzt müssen wir in den Angriff gehen", betonte am Donnerstag die UNO-Botschafterin der USA, Samantha Power. Einzig rettender Gedanke: Laut Experten hat das Virus keine Veranlassung, zu mutieren. Da sich bereits 10.000 Menschen über Körperflüssigkeiten anstecken konnten, bestehe kein Druck, eine Mutation zu bilden, die sich über die Luft verbreitet.