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Erbgut von Aids-Erreger HIV ist zur Gänze geknackt

Von Eva Stanzl

Wissen

Entschlüsselung "einer von vielen Schritten zur Heilung". | Paris. Knapp 30 Jahre nach der Entdeckung der Immunschwächekrankheit Aids haben Wissenschaftler nun das Erbgut des Erregers entschlüsselt. Die vollständige Kenntnis des Genoms des HI-Virus (HIV) könnte die Entwicklung neuer Medikamente gegen Aids beschleunigen, heißt es in der im Wissenschaftsmagazin "Nature" veröffentlichten Studie der Forscher der US-Universität North Carolina.


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Das HI-Virus trägt seine Erbanlagen in einer Struktur, die komplizierter als das Erbgut (DNA) des Menschen und schwieriger zu entziffern ist. Den Forschern sei nun praktisch eine "Luftaufnahme" des Genoms gelungen, erklärte ein Kollege von der Universität Michigan in der Zeitschrift. Damit könnten neue Informationen über die Funktion des Virus zugänglich werden.

Anders als bei der doppelsträngigen DNA des Menschen ist das Genom des Aidsvirus einsträngig. Seine Erbinformation liegt als einsträngige RNA (Ribonukleinsäure) vor und baut sich in das als DNA vorliegende Genom der Wirtszelle ein. Nach eigenen Angaben kommen die Forscher "den Tricks" der Erbanlagen auf die Spur, mit denen das Virus der Entdeckung durch den menschlichen Wirt entgeht. Sie wollen anhand der neuen Informationen herausfinden, ob und wie das Virus auf Veränderungen am Genom reagiert.

Mutationen auf der Spur

"Das HI-Virus ist ein Retrovirus. Das bedeutet, dass es sich immer wieder automatisch verändert, also sich durch Mutationen gegen Medikamente wehrt. Die Kenntnis der gesamten Gen-Frequenz ist eine Voraussetzung im Kampf gegen diese ewige Veränderung", beschreibt Markus Hengstschläger, Leiter der Abteilung für Medizinische Genetik der Medizinuni Wien, die Bedeutung der Entdeckung. Je exakter die Kenntnis des Genoms, desto besser können die Mutationen studiert werden und desto zielgerichteter würden die Therapien.

Kann die Entdeckung die Chancen auf Heilung erhöhen? Hengstschläger gibt sich gegenüber der "Wiener Zeitung" vorsichtig: "Die Frage der Heilung ist komplexer. Aber die Entschlüsselung des Erbguts ist einer von vielen Schritten in die richtige Richtung."

US-Mediziner hatten das "Erworbene Immunschwächesyndrom" (Acquired Immune Deficiency Syndrome, kurz Aids) 1981 als Krankheit erkannt, nachdem in den USA auffallend viele junge Homosexuelle gestorben waren. Seitdem erlagen der Krankheit weltweit mindestens 25 Millionen Menschen, etwa 33 weitere Millionen leben mit der Immunschwäche oder tragen das Virus in sich.Derzeitige Medikamente beruhen auf verschiedenen Stadien des Virus und bekämpfen die Symptome.

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