Der Justizminister will gerichtliche Ansprüche für Pfleger und Lebenspartner verankern.
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Wien. Justizminister Wolfgang Brandstetter gibt erneut Einblicke in seine Pläne für das Erbrecht. Aus dem "internen Entwurf", der im Herbst verhandelt werden soll, geht hervor, dass er an seinen drei Reformpunkten festhält: am Erbteilsrecht sowie an der Berücksichtigung von Pflegeleistungen und von Lebenspartnern.
Bei der Erbteilsauszahlung an die Miterben möchte Brandstetter eine Ratenzahlung oder Stundung ermöglichen. Dies sei ein wirtschaftlich wichtiger Schritt, wie sein Kollege, Finanzminister Michael Spindelegger betont: "Wir wollen in Österreich auch für Unternehmen eine Zukunft schaffen - und da ist das Erbrecht ein ganz wichtiger Bereich, weil Familienbetriebe immer wieder damit konfrontiert sind, dass Betriebsübergaben vor rechtlich schwierigen Hürden stehen."
Erben könnten ihre Miterben oft nicht sofort auszahlen, als Folge droht die Betriebszerschlagung. Ein brisantes Thema, so Spindelegger, denn: "In den nächsten zehn Jahren wird es 58.000 Betriebsübergaben geben." Zudem seien 70 Prozent der österreichischen Betriebe Familienbetriebe, unterstreicht der Finanzminister.
Auch eine stärkere Einbindung von Pflegeleistungen beim Erbrecht ist Brandstetter ein wichtiges Anliegen. Laut ihm macht es "natürlich Sinn, die Pflegeleistung, die jemand für den späteren Erblasser erbringt, später auch im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung zu berücksichtigen". Es soll jedoch kein formaler Erbanspruch gesetzt werden, wie der Justizminister betont. Stattdessen stellt er sich eine "angemessene Vergütung zulasten der Erbmasse" für die Pflege vor, die gerichtlich festgelegt und dadurch abgesichert werden soll. Anspruchsberechtigte können dann auch Personen sein, die keine Erben sind, beispielsweise Nachbarn.
Lebenspartner sollengeschützt werden
Brandstetter sieht auch einen verstärkten Schutz von Lebenspartnern vor, denen bei einem Todesfall ohne testamentarische Verfügung nichts zusteht. Dies sei vor allem bei jungen Leuten problematisch, "wo verständlicherweise niemand daran denkt, dass was passieren könnte." Ähnlich wie bei Pflegeleistungen kann dies über eine entsprechende Berücksichtigung der Ansprüche von Lebenspartnern auch seitens des Gerichts geregelt werden - "und zwar bevor die Verlassenschaftsabhandlung geschlossen ist", so Brandstetter.
Eine Angelegenheit, die dem Minister "sehr am Herzen" lag, war der flächendeckende Ausbau der Familiengerichtshilfe per 1. Juli. Brandstetter lobt die von seiner Vorgängerin Beatrix Karl geschaffene Einrichtung: "Es hat sich gezeigt, dass gerade im Familienrecht - vor allem in Obsorgestreitigkeiten - ungeheures Aggressionspotenzial steckt. Dieses im Vorfeld nicht durch formalgerichtliche Maßnahmen, sondern Methoden der Mediation abzufangen, hat sich enorm bewährt."
Auch beim Abbau des Weisungsrechts des Justizministers werden Fortschritte gemacht. Brandstetter würde dieses Recht gerne komplett abschaffen. "Das ist ein Anscheinsproblem, welches das Vertrauen in die Justiz beeinträchtigt - und das möchte ich nicht haben."