Preis steigt wegen Engpässen. | Täglich 30 Mrd. Barrel verbraucht. | Experten raten zu Öl-Alternativen. | Wien/Hamburg. "Es hat 125 Jahre gedauert, bis wir die erste Billion Barrel Öl verbraucht haben. Die nächste Billion werden wir in 30 Jahren verbrauchen." Was nach einer Aussage einer Umweltschutzorganisation klingt, verlautbarte dieser Tage der zweitgrößte Ölkonzern der USA, Chevron-Texaco. "Die Zeiten, als wir uns auf billiges Öl und noch billigeres Erdgas verlassen konnten, sind eindeutig vorbei", erklärte David O'Reilly, Chevron-Texaco-Vorstandsvorsitzender auf "Spiegel Online".
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Ehsan Ul-Haq, Analyst der internationalen Ölberatungsfirma PVM, gibt ihm Recht: "Wenn nicht heute, wenn nicht morgen, dann könnte innerhalb der nächsten zehn Jahre ein Fass Rohöl um die 100 US-Dollar kosten", schätzt Ul-Haq. In den kommenden Monaten werde sich der Preis um die 50, 60 US-Dollar bewegen, nächstes Jahr könnte der Preis etwas sinken. Experten gehen davon aus, dass dann die Schäden, die Hurrikan "Katrina" an Raffinerien im Golf von Mexiko angerichtet hat, repariert worden sind.
USA auf Spitzenplatz
Weltweit werden pro Jahr 30 Mrd. Barrel (je 159 Liter) Öl verbraucht, das sind etwa 84 Mio. pro Tag. Die PVM schätzt, dass es noch Vorkommen im Ausmaß von 885 Mrd. Barrel gibt, 260 Mrd. davon in Saudiarabien, dem größten Förderland. Die USA verbrauchen mit 20,8 Mio. Barrel täglich am meisten. Dort könne auch am meisten eingespart werden, glaubt Ul-Haq: "Benzin ist in Europa etwa drei mal so teuer wie in den USA, weil es kaum besteuert ist. Deshalb fahren die Menschen auch so viel mit dem Auto." Die USA allerdings würden den Ball an China weiterspielen: Die Volksrepublik hat Japan in den vergangenen zwei Jahren vom zweiten Platz in der Rangliste der Länder, die am meisten verbrauchen, verdrängt. China verbraucht mittlerweile 7 Mio. Barrel pro Tag.
Aber gleich ob China, Indien oder Indonesien - die Nachfrage nach Öl steigt in ganz Asien. Die Volkswirtschaften wachsen, auch, weil Europa und die USA gern Produktionen auslagern. Raffineriekapazitäten und die Rohölproduktion halten mit der Nachfrage aber nicht immer mit: "Wenn irgendetwas passiert - Unruhen im Irak oder ein Hurrikan wie Katrina - dann steigen die Preise", sagt Ul-Haq im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Zwar könnte die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) ihre Produktion nach wie vor erhöhen, wirkliche Verlust könnten aber nicht immer ausgeglichen werden, sagt Ul-Haq und nennt ein Beispiel: "Der Irak produziert pro Tag knapp 2 Mio. Barrel. Würde diese Produktion ausfallen, und die Opec ihre Fördermenge soweit wie möglich erhöhen, würde es weltweit noch immer eine Differenz geben."
Angst vor Engpässen
Die Preise steigen laut Ul-Haq also, weil "die Menschen Angst haben." Spekulanten würden nur eine geringe Rolle spielen. Bis jetzt konnte nicht bewiesen werden, dass die Preise deshalb in die Höhe gehen. Man bräuchte "sehr viel" Geld, um den Markt länger als wenige Tage zu beeinflussen, erklärt der Analyst.
Die prognostizierten hohen Ölpreise könnten abgefangen werden, wenn derzeit noch nicht ausbeutbare Ölvorkommen erschlossen werden. Dazu fehlen noch die nötigen Technologien. Selbst wenn es diese geben wird, rät Ul-Haq, vom Erdöl Abstand zu nehmen: "Die Politiker sollten bald damit anfangen, über Alternativen zum Öl nachzudenken. Bis jetzt sieht das aber sehr traurig aus. "