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"Wir haben gewonnen" - Albaniens Ministerpräsident Rama konnte bei den Parlamentswahlen signifikant Stimmen dazugewinnen.
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Tirana. Das Straßenbild am Morgen danach passte nicht zum Ergebnis: eine fast ausgestorbene Innenstadt um den Sheshi-Skenderbej-Platz in Tirana. Das Gros der Geschäfte blieb geschlossen. Kaum Passanten, kein Jubel.
Der Grund dafür lag aber nicht nur an der Hitze, die die meisten Tiraner mit Kind und Kegel in die Sommerfrische in die Berge und an die Küste trieb, sondern auch das Fastenbrechen.
Der gestrige Montag war in ganz Albanien zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan ein gesetzlicher Feiertag. Albanien ist mit einem Anteil von rund 60 Prozent muslimisch geprägt.
Nach Parlamentswahlen am Sonntag in Albanien ist jedenfalls eines sicher: Der seit Mitte 2013 regierende Edi Rama wird auch der neue albanische Ministerpräsident sein.
Rama und seine sozialistische PS holten nach Auszählung der Stimmen in 30 Prozent der Wahllokale fulminante 52 Prozent der Stimmen, wie die Zentrale Wahlkommission am Montag in der Früh in Tirana mitteilte.
Die konservativ-liberale PD kam demnach auf lediglich knapp 30 Prozent. Erneut zur drittstärksten politischen Kraft im Lande avancierte den Teilergebnissen zufolge mit knapp 16 Prozent die sozialdemokratische LSI des gewählten Staatspräsidenten Ilir Meta.
Bestätigen sich die ersten Wahlergebnisse, hätte Rama mit seiner PS einen Erdrutschsieg erzielt. Nach jetzigem Stand würde die PS 76 der 140 Mandate im Parlament in Tirana gewinnen - ein Plus von 11 Mandaten im Vergleich zum vergangenen Urnengang im Juni 2013. Rama könnte mit der absoluten Mehrheit der Mandate alleine regieren.
Dennoch rief Wahltriumphator Rama seine Anhänger zu Ruhe und Besonnenheit auf. Er schickte seinen Abgeordneten zudem nur eine kurze SMS: "Wir haben gewonnen.‘
Frust herrschte hingegen beim Erzrivalen PD. Für Rama-Herausforderer Lulzim Basha ist das Wahlergebnis ein Desaster. Basha brachte auch ein Blitzbesuch bei US-Präsident Donald Trump im Endspurt des Wahlkampfes nichts. Im Gegenteil: Die Wähler straften Basha und seine PD, die bis 2013 unter PD-Übervater Sali Berisha Albanien regierte, regelrecht ab. Die PD muss mit voraussichtlich nur 40 Mandaten rechnen, stattliche zehn Sitze weniger als nach ihrer herben Wahlniederlage 2013.
Nicht kleinzukriegen ist hingegen die LSI. Sie könnte auf 20 Mandate kommen. Sie fungierte nach den Wahlen 2009 sowie 2013 als "Königsmacher‘, als sie erst mit der PD und dann mit der PS koalierte.
Ihre Wählerklientel rekrutiert die LSI, eine Abspaltung der PS, vornehmlich aus Staatsdienern und deren Angehörigen, die sie mit Staatsjobs versorgt hat.
Die Wahlbeteiligung bei der achten Parlamentswahl seit dem Ende des Kommunismus in Albanien 1990/91 erreichte mit 46,5 Prozent einen neuen Tiefstand.
Dem Kantersieg der PS zum Trotz: Noch ist nicht klar, ob Rama fortan tatsächlich alleine regieren wird. Alle Beteiligten hielten sich am Montag demonstrativ bedeckt, zumal noch nicht alle Stimmen ausgezählt waren.
Ein Szenario bleibe die Bildung einer großen Koalition, so Experten am Montag in Tirana. Denn so könnte die Regierung Rama traditionell starke politische Polarisierung überwinden und den von der PS wie auch PD unisono mittelfristig anvisierten Beitritt zur EU durch die geforderten tiefgreifenden Reformen, maßgeblich im völlig korrupten Justizapparat, endlich vorantreiben.
PD-Chef Basha scheint zudem die Fortführung einer Frontalopposition gegen Rama nicht mehr gelegen zu sein, wie in Tirana kolportiert wird. Sie hat nachweislich keine Früchte getragen, wie die Wahl am Sonntag eindrücklich zeigte. So oder so: Der Ball liegt jetzt bei Rama.