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Grönland jetzt schneller zu voller Unabhängigkeit? | Nuuk. (apa) Die seit Beginn der Autonomie von Dänemark vor 30 Jahren währende Dominanz der sozialdemokratischen "Siumut"-Partei hat in Grönland am Dienstag ein Ende gefunden. Umfragen hatten der Erdrutsch-Sieg der linksorientierten Inuit Ataqatigiit (IA) bereits vorausgesagt. Die IA konnte ihre Stimmenanzahl im Vergleich zu 2005 von 22 auf knapp 44 Prozent der Stimmen verdoppeln und erreichte mit 14 von 31 Sitzen im Autonomieparlament (Landsting) beinahe die absolute Mehrheit.
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Wahlsieger und IA-Vorsitzender Kuupik Kleist kündigte noch am Wahlabend an, eine Regierungsbildung innerhalb einer Woche anzustreben. Vermutlich wird daher die in ihren Anfängen kommunistische Partei Grönland mit Hilfe einer kleineren Partei bereits regieren, wenn in etwas mehr als zwei Wochen Königin Margrethe II. von Dänemark ihre ehemalige Kolonie in die zweite, erweiterte Phase der Autonomie entlässt. Nach dem neuen Statut erhält Grönland die weitgehende Kontrolle über seine Bodenschätze. Im Gegenzug muss es sich die stufenweise Reduktion der bisher die Wirtschaft am Leben erhaltenden Hilfszahlungen aus Kopenhagen gefallen lassen.
Hindernisse auf dem Weg zur Souveränität
Der 51-jährige Kleist will keinesfalls mit den geschlagenen Sozialdemokraten regieren, die mit 8 Sitzen immer noch die zweitgrößte Partei im Landsting stellen. Der bisherige Ministerpräsident Hans Enoksen erklärte sich schon zum Rücktritt bereit.
Die IA tritt unter anderem für eine vollständige Souveränität Grönlands ein. Die Unabhängigkeit von Dänemark ist im neuen Statut zumindest theoretisch bereits vorprogrammiert und soll 2021 erreicht werden. Der Wahlsieg der Linken könnte nun die Bestrebungen Grönlands, ein vollkommen unabhängiger Staat zu werden, beschleunigen. Dem stehen allerdings noch einige Hindernisse im Weg.
Erstens ist es nicht sicher, ob sich in den grönländischen Gewässern und unter dem zurückschmelzenden Eisschild der Insel wirklich reiche Bodenschätze - vor allem Erdöl - befinden oder nicht. Andere wirtschaftliche Einnahmequellen sind ebenfalls fraglich. Zweitens unterhalten die USA im Nordwesten der Insel die Luftwaffenbasis Thule, die als Teil des geplanten Raketenschildes auch nach dem Kalten Krieg strategisch eine große Bedeutung hat. Bisher war Kopenhagen als treuer Nato-Verbündeter der USA stets ein Garant für deren Aufrechterhaltung.
Die IA wird als Regierungspartei davor aber die unmittelbarere Probleme der Insel in Angriff nehmen müssen. Der weit verbreitete Alkoholismus, eine hohe Selbstmordrate, die schlechte Gesundheitsversorgung und die verbreitete Korruption haben den Machtwechsel herbeigeführt.